: CDU rätselt wieder
Das muntere Lieblingsspiel ist erneut voll im Gange: Wer wird der nächste Kanzlerkandidat der Union?
BERLIN taz ■ Die Union hat wieder mal eine überaus amüsante Diskussion über ihren nächsten Kanzlerkandidaten am Hals. Am unterhaltendsten dabei ist immer wieder die Tatsache, dass alle drei in Frage kommenden Personen – CDU-Chefin Angela Merkel, Fraktionschef Friedrich Merz und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber – stets dementieren, dass sie der Job überhaupt interessiert. Das gehört zum Geschäft, weil alle Beteiligten wissen, dass keine Frage so unaktuell ist wie die nach dem Herausforderer von Schröder im Herbst 2002.
Gestern war mit einem bedeutungslosen Dementi dieser Art Friedrich Merz an der Reihe. Seine forsche Bemerkung vom Vortag, es liege in der Natur der Sache, dass der Fraktionsvorsitzende als Kanzlerkandidat in Frage komme, relativierte er flugs wieder. Im Augenblick interessiere ihn diese Frage persönlich überhaupt nicht, so Friedrich Merz in einem Rundfunkinterview, weil sie sich gar nicht stelle. Die derzeit wichtige Frage für die Union sei die nach den Sachpositionen.
Da sie das vermutlich auch schon am Tag seines Vorpreschens war, rätselt man in Berlin, warum Merz sich für die Kanzlerkandidatur überhaupt ins Gespräch gebracht hat. Die Frage stellt sich umso mehr, als das CDU-Führungsduo erst Anfang der Woche mehr gemeinsame Abstimmung und Disziplin versprochen hatte. Die Bild-Zeitung behauptet, der Fraktionschef sei aus den eigenen Reihen zu dem Vorstoß gedrängt worden. Der Unmut in der Fraktion über die CDU-Chefin sei nach der Panne mit dem missglückten Schröder-Plakat groß. Andere glauben, Merz wittere in der Kanzlerkandidatenfrage selbst Morgenluft, da Merkel angeschlagen ist und Stoiber durch sein schlechtes BSE-Krisenmanagement selbst in Bayern an Rückhalt verliert.
Die CSU weiß am besten, wie nervös Stoiber derzeit ist. Erwartungsgemäß reagierte sie auf die kleine Attacke von Merz gereizt. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel bemerkte spöttisch: „Ich bin hier von dem physikalischen Phänomen überrascht, dass zum ersten Mal in der Weltgeschichte das Echo vor dem Ruf kommt.“ Auch Merkel fühlte sich natürlich herausgefordert. Sie dementierte gestern, dass es in der CDU einen Machtkampf gibt, und bekräftigte ihren Führungsanspruch mit einer in jeder Hinsicht risikofreien Bemerkung: „Es ist ganz klar“, sagte sie, „ich führe die CDU, Edmund Stoiber führt die CSU, Friedrich Merz führt die Bundestagsfraktion von CDU und CSU.“
Ganz klar ist auch, dass im Moment niemand weiß, wer die Union 2002 in den Wahlkampf gegen den amtierenden Kanzler führt. JENS KÖNIG
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