: Eine Chance vertan
betr.: „Offene Zukunft“ (Europaschulen), taz vom 12. 4. 01
Wenn in Berlin Politiker versagen, liegt’s wie immer am Geld. Bei den Europaschulen allerdings sind das, wie so häufig, bloß vorgeschobene Argumente. Das Projekt „Europaschulen“ hat sich zu einem ungeliebten Kind ausgewachsen. Im Streit zwischen den Parteien (insesondere zwischen SPD und CDU) wird eine Chance vertan. Während die einen gerne eine Eliteschule daraus machen wollten (CDU), wollten die anderen (SPD) eigentlich gar nicht so richtig was damit zu tun haben.
Das Projekt wurde von Eltern initiiert und durchgesetzt. Elternmitarbeit und Elterinitiative ist an Berliner Schulen allerdings immer nur dann willkommen, wenn sie marode Klassenräume renovieren und Kuchen backen für die Schulfeste. Inhaltliche Mitarbeit ist bei der Senatsschulverwaltung nicht gern gesehen. Die vielen Gespräche, die von verschiedenen Europaschulen und der Europa Union zu diesem Thema geführt wurden bzw. angeboten wurden, stießen immer auf Ablehnung oder wurden nicht ernst genommen.
Noch im letzten Jahr haben wir Elternverteter der deutsch/italienischen Europaschule (Finowschule, Schöneberg) mit ansehen müssen, wie die Senatsschulverwaltung über erklärten Elternwillen hinweggeht und so wissentlich den Bestand der Schule gefährdet. Bildung, so scheint’s, ist kein Thema, mit dem sich Politiker profilieren können oder wollen. Die Zukunft unserer Kinder ist ihnen im Grunde egal.
Während in der beruflichen Aus- und Weiterbildung seit langem von „Europa-Kompetenzen“ geredet wird, wird ein Projekt, das genau darauf abzielt und auf Verständigung und Zusammenwachsen der verschiedenen Sprachen und Kulturen setzt, nur deshalb gefährdet, weil in der Senatsschulverwaltung die „Hausaufgaben“ nicht gemacht werden. Die Eltern in den Europaschulen haben von Anfang an eine größere Verantwortung für die Schullaufbahn der Kinder übernommen als in anderen Grundschulen. Die Kinder haben von Anfang an eine höhere Stundenbelastung als die Regelklassen.
Das soll nun alles nichts wert sein? [...] Dazu sagen wir von der Gesamtelternvertretung (GEV) der Finowschule: Nein! Wir wollen, dass die Europaschulen auch in die Sekundarstufe II münden und weitergeführt werden! Gute Bildung ist eine Investititon in die Zukunft. Europa ist keinen Euro wert, ohne dass die Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen gemeinsam die Zukunft gestalten! GÜNTER HARTMANN, Vorsitzender der Gesamt-
elternvertretung der Finowschule/SESB, Schöneberg
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