: Brot für Spiele
Das Junge Theater Bremen und die steptext dance company geben für einen Monat die Preise frei
Der Pleasure-Club tanzt. Barfuß und quer durch den Saal. Weil sie dazu aufgefordert hat. Die Quittung gibt’s am Schluss: „Tut nur, wozu ihr wirklich Lust habt“, stichelt Barbara Kraus.
Die Performance-Künstlerin, die derzeit am Tanzquartier Wien residiert, ist eine der potenziellen KooperationspartnerInnen des Jungen Theaters Bremen und der steptext dance company in der nächsten Saison. Gut 20 von ihnen haben diese eingeladen, bis Ende Oktober im neuen Domizil in der Bremer Schwankhalle aufzutreten. „Theater für alle“ heißt das Festival der freien performing art-Gruppen und schnuppern ist ausdrücklich erlaubt: Um neues Publikum anzulocken, gibt es einen Monat lang statt einer Kasse nur ein Sparschwein. Jeder zahlt, was er kann und womit er will – ein niedrigschwelliges Angebot, würden Sozialarbeiter sagen.
„Theater für alle“ zum freien Preis und mit Gästen von überall her gibt es seit 1994. Erstmals lud in diesem Jahr allerdings nicht nur das Junge Theater Bremen, sondern auch die steptext dance company KünstlerInnen ein. Neben Schauspiel-Produktionen wie dem Rap-Theaterstück Yard Girl vom Theater 51 Grad, Köln (10.10.) und Leseperformances wie Hitlers letzte Rede (12.10.) ist auch die Tanz-Sparte vertreten: Der in Paris lebende chilenische Tänzer Esteban Pena Villagran etwa präsentiert zusammen mit der schwedischen Compagnie Jus de la vie zeitgenössische Choreographien.
Barbara Klaus’ Performance Well/come to the club of pleasure, die sie am Dienstagabend aufführte, ist eine so genannte „ShapeShifterStory“: In Interaktion mit dem Publikum und mehr oder weniger freier Improvisation wechselt Kraus Rolle und Szene, wie es ihr in den Sinn kommt. Sie ist das Schneehäschen, das kopfüber und mit hochgeklappter Kapuze vom pelzüberzogenen Schaumstoffberg zwischen die davor kauernden ZuschauerInnen kullert, pausenlos brabbelnd wie die Knetmännchen. Sie ist die Animateurin, die „Bonny und Clyde“ mit Seifenblasen und Happy End inszeniert. Sie ist die „Queen of pleasure“, die wahlweise englisch,französisch oder deutsch spricht und sich um die nassen Hosen ihrer Gäste sorgt. Und das Monster, das einen Namen sucht. „Michaela“, „Herta“, „Jutta“ – Vorlagen für die in Aussicht gestellte Geschichte gäbe es genug.
Barbara Kraus aber bricht ihre Erzählung nach zwei Sätzen ab, das Monster ist weg, das Licht wechselt. Von „tatsächlichem und nicht gespieltem Steckenbleiben und Verlorengehen“ ist im Programm die Rede. Kraus hat diese Ankündigung erfüllt. Dem Festival wünscht man Besseres. Armin Simon
„Theater für alle“, Schwankhalle, Bremen. Täglich bis 31.10. (außer 9., 17. und 26.) um 20.30 Uhr. Programm: www.schwankhalle.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen