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Und trotzdem: die Schuldfrage

Gestern debattierte die Bürgerschaft die Umstände des Todes von Carola S. Dabei blieben Schuldzuweisungen nicht aus

Bremen taz ■ Eine „sachliche Debatte“ wünschte sich Matthias Güldner (Grüne) gestern in der Bürgerschaft, eine Debatte, die „ohne Schuldzuweisungen“ auskommen solle. Und trotzdem kamen die Abgeordneten nicht daran vorbei, mehr oder weniger deutlich die Frage zu erörtern: Wer war Schuld? Polizei, Sozialpsychiatrischer Dienst oder das Gericht? Oder lag es an einem „Fehler im System der Abstimmungen unterschiedlicher Behörden“ – so jedenfalls erklärte sich Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), wie es am 11. Juli zu der Ermordung der Studentin Carola S. durch die psychisch kranke Frau K. kommen konnte.

Der Hintergrund: Bereits knapp zwei Wochen vor dem Mord hatte Frau K. die Studentin angegriffen, Carola S. erstattete daraufhin Strafanzeige. Zudem hatte das Vormundschaftsgericht am 1.7. eine regelmäßige „Betreuung“ von Frau K. aufgehoben. Der Vorfall veranlasste die Grünen, eine große Anfrage nach den „Umständen einer ‚angekündigten‘ Tötung“ an den Senat zu stellen (taz vom 7.10.).

In der Debatte bezeichnete Güldner die Antwort des Senats, es habe im Vorfeld der Tat die notwendige angemessene Informationsdichte nicht gegeben, als „verharmlosend. Die Zuständigen hatten die Informationen und haben sie nicht weitergegeben.“ Ralf Herderhorst (CDU) entgegnete: „Der Polizei ist in diesem konkreten Fall kein Vorwurf zu machen. Das Stadtamt und die Sozialpsychiatrischen Dienste sind hier die Handelnden, nicht die Polizei.“

Wolfgang Grotheer (SPD) fand es „schwierig, im Parlament vor diesem tragischen Hintergrund zu diskutieren. Eigentlich ist das kein Thema für eine parteipolitische Auseinandersetzung.“ Geteilt wurde diese Einschätzung von Karl Uwe Oppermann (CDU). Trotzdem forderte dieser „mehr Instanzen“, denn an den Behörden-Schnittstellen „sitzen Menschen. Und Menschen können immer zu Fehleinschätzungen kommen.“ Für das Vorhaben des Senats, eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzurichten, empfahl Oppermann einen Experten „von außen zu holen“ der prüfen solle, „was der Senat zu ändern vorhat.“ kli

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