Jukebox

Reisen bildet. Kulturexport wahrscheinlich eher nicht

Am Mittwoch verabschieden sich Maximilian Hecker und Barbara Morgenstern in der Kalkscheune fürs Erste von Deutschland. Weil hier startet ihre Welttournee. Die wird sie an 33 Orte rund um den Globus führen. Als „aktueller Aspekt deutscher Popmusik“, zur Ansicht verschickt vom Goethe-Institut. Schön für die beiden. Heißt doch: Reisen bildet. Die Rück-Bildung, was also das Publikum vor Ort daraus lernt, mag schon was anderes sein. Könnte für Verwirrung sorgen, wenn es einige dann tatsächlich mal nach Deutschland verschlägt und sie feststellen müssen, dass hier im Zweifelsfall massenhaft doch lieber Pur gehört wird oder man die Bücher von Bohlen kauft. Was im Ausland pietätvoll verschwiegen wird. Kulturexport soll schließlich helfen, die Lage der Nation zu verschleiern. Zum Beispiel Japan. Muss ein durch und durch komisches Land sein, was man von dort so hört. Halbvergessene Metalbands können da noch goldene Schallplatten scheffeln, selbst spielen sie Mozart so exakt wie ein Motorenwerk. Alles bauen sie nach und überholen dabei selbstredend die Originale. Die beste Sambaband, die ich Sambahasser je hörte, war eine japanische. Es war toll. Überhaupt. Immer nur: Verrückte. Spinner. Psychopathen. Vollkommen durchgeknallte Lärmfetischisten und die allerwildesten Experimentatoren, die als musikalischer Export Nippons durch die Welt hetzen. Meinen möchte man, Normenlosigkeit sei die einzige Norm dort. Und liest verblüfft die Berichterstattung über eine durchgeregelt konformistische Gesellschaft, die unterwürfig im Gleichmaß vor sich hin arbeitet. Die Japaner in Japan. Wenigstens das eint die Bilder: die Arbeitswut. Im Ausland (diesmal der Club in der Lychener Straße) reichen beim 3. Japanese New Music Festival am Dienstag und Mittwoch ganze vier Musiker und etwas Kombinationsgeschick, um immerhin fünf Bands auf die Bühne zu stemmen. Am bekanntesten die Ruins, die schon im Duo den ganzen großen Lärm hinbekommen, für den Japan-Fan John Zorn mit Naked City noch eine Vollwert-Band brauchte. Entfesselt. Exaltiert. Japan eben. THOMAS MAUCH