Wochenübersicht: Konzert: Daniel Kastner hört auf den Sound der Stadt
Es ist musikalisch die Woche des „Dagegen“. Allerdings wird der Protest diesmal eher bedächtig artikuliert. Die zweite Songwriternacht unter dem gar nicht so subtilen Motto „Fuck You, Mitte!“ etwa will gegen Leute protestieren, die den Bezirk mit ihren Schuhgeschäften und Ruhebedürfnissen zugrunde richten. Bewaffnet sind deren Gegner nur mit Akustikgitarren und Stimme. Auf die Bühne des KingKongKlubs kommen unter anderem Jonas Poppe in seiner Eigenschaft als Hälfte von Kissogram, die Hippies in Chains, die als musikalischen Bezugspunkt Stereo Total anführen, und ein junger Mann mit dem unprätentiösen (Künstler-?)Namen Philipp und wunderschöner Stimme. Da die insgesamt neun Acts wahrscheinlich keine Gage, dafür aber Freibier erhalten, bleibt abzuwarten, wann das feinsinnige Songwriting in eine richtige Party umkippt.Protest Nummer zwei kommt von Chumbawamba, dem englischen Anarcho-Kollektiv, das seine radikalen Texte in Popmelodien verpackt, um dem Mainstream das Kapital aus der Tasche zu ziehen und damit gemeinnützige Projekte und die eigene Hausgemeinschaft zu finanzieren. Für die Rosa-Luxemburg-Konferenz der „jungen Welt“ geben Chumbawamba ein Akustik-Konzert, bei dem sie „English Rebel Songs“ absingen. Tut den Chumbas sicher gut, die Synthiekacke mal abzudrehen, dann kommen ihre Texte wenigstens mal richtig zu Gehör.Protest Nummer drei schließlich liefern Green Day, die – nach Jahren betulicher Folkmusik – nicht zuletzt aus Ekel über George W. Bush endlich wieder ein großartiges Gute-alte-Zeiten-Punkrock-Album namens „American Idiot“ veröffentlichten. Dass ihr Konzert ausverkauft ist, legt zumindest die Vermutung nahe, dass sich die breite Mehrheit nicht für dezente Protestvorträge begeistert. Andererseits muss auch mal Pogo drin sein.
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