piwik no script img

DER ERSTE COMIC-REBELL: WILL EISNER IST TOT

„Will Eisner war der erste comic-book-Rebell“, behauptet der Buchautor Stanley Wiater. Ein Ruf, den der 1917 in New York geborene Eisner zu pflegen verstand. Dabei gehörte er nie dem Underground an, sondern war einer der geschicktesten Unternehmer der Branche. Nach ersten Versuchen als Autor gründete er ein Studio und verkaufte Zeitungen ein Comic-Supplement. Im ersten Heft, das am 2. Juni 1940 erschien, trat sogleich seine berühmteste Figur auf: „The Spirit“. Dieser Detektiv mit einer Geheimidentität unterscheidet sich von all seinen Kollegen: Keiner geht so oft zu Boden. Die ersten Geschichten sind weder zeichnerisch noch erzählerisch besonders gekonnt, aber sein Unternehmerstatus ermöglicht es Eisner, seine Figur über Jahre zu entwickeln. „The Spirit“ wird zu einer Ikone mit gekonntem Slapstick, schillernden (vor allem weiblichen) Figuren und einigen der berühmtesten Panels der Comicgeschichte, die Schrift und Bild zu einer so nie gesehenen Einheit kombinierten.

Eisner, so erzählt er jedenfalls in seiner Autobiografie „To the Heart of the Storm“, meldet sich 1941 freiwillig, da er als Jude es als seine Pflicht empfindet, an diesem Krieg teilzunehmen. Auch in der Armee arbeitet er als Zeichner, er entwirft Lehrmaterial in Comicform. Die von 1945 bis 1952 entstandenen Spirit-Seiten zeigen ihn auf der Höhe seiner Kunst. Dann kommt es zu einer langen Veröffentlichungspause, in der Eisner eine Firma für Schulungsmaterial betreibt und sich hin und wieder um Reprints kümmert. 1978 dann die triumphale Rückkehr: „A Contract with God“, die erste graphic novel, ein Roman in Bildern, der eindrucksvoll belegt, dass auch im Comic lange und ernste Geschichten erzählt werden können. Von nun an ist er eine Legende zu Lebzeiten – der Mann, der einfach nur zwei seiner Fähigkeiten in einem Medium vereinigen wollte: „Ich konnte zeichnen. Und ich wollte Schriftsteller werden.“ Am Montag ist er in Florida gestorben. MARTIN ZEYN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen