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Wie sich die Magie der Wörter anfühlt

Der Maler Adib Fricke untersucht in der Villa Grisebach Galerie die neue Kultur des Kommentars im Internet

Raumhoch prangen die großen Farbflächen in der Villa Grisebach Galerie auf der Wand, monochrom in Rot, Grün und Blau. Mittig zentriert sind in weißer Schrift Sätze wie „Wow, you go to the cooler parties than I do“ oder „I always wanted to know what’s in a model’s refrigerator“ zu lesen. Freilich muss man seinen Kopf schon auf die linke Schulter legen, um dem Schriftzug auf der Leinwand folgen zu können, denn er läuft vertikal von unten nach oben und sieht von ferne wie eine abstrakte Linie aus.

Dass Adib Fricke direkt auf die Wand malt, hat Tradition. Das gilt auch für die Schrift. Sie stammt von Sumner Stone und ist die Hausschrift von Frickes „The Word Company“. Der Name verrät den Geschäftszweck: Seine Firma handelt mit Wörtern – allerdings mit Wörtern, die Fricke selbst erfindet, die zuvor also nicht existierten. Zwangsläufig benennen sie nichts. Fricke nennt sie Protonyme, Begriffe ohne Inhalt. Dass sie dennoch oder gerade deswegen als schöne Wörter erscheinen, die Begriffe Avanz, Onomono, Yemmels, Flogo oder Quivid, ist beabsichtigt. Auch dass wir glauben könnten, die neuen Namen der alten Pharma-Giganten in Basel und Frankfurt, Novartis und Aventis, seien bei The Word Company gekauft, ist keine Fehlleistung unsererseits. Nur absolute Sinnlosigkeit kann Firmenkonstrukten, die mit allzu viel Corporate Identity, also Bekanntheit und Geschichte aufgeladen sind, ein neues Image geben. Niemand weiß das besser als Adib Fricke, der mit seinen irritierenden Wortschöpfungen heutigen Marketinggepflogenheiten durchaus zu angemessen kritischer Sichtbarkeit verhelfen möchte.

Und dabei hätte Bayer sehr wohl bei Fricke einkaufen, das heißt Nutzungsrechte an dem einen oder anderen seiner Protonyme erwerben können – wie jeder andere an seinen Kunstwörtern Interessierte. Wie wir heute sprechen, mit Wörtern handeln (im Sinne von J. L. Austins berühmtem Philosophietitel „How to Do Things With Words“), lässt sich besonders gut im Internet beobachten. Dass es inzwischen wie eine einzige Textflut der Kommentare, Repliken und Zwischenrufe erscheint, hat Adib Fricke zu einer Trilogie der Sprachformen und Verheißungen des World Wide Web provoziert. Nach „Marmelade aus Mexiko“, einer Arbeit, die Anfragen bei Suchmaschinen wie Google nachging, und „You can dump me“, einer Arbeit, zu der die Websites so genannter „Imaginary Girlfriends“ den Anstoß gaben, hat Fricke nun in „Can I feel your magic?“ Moblogs genannte Internetforen besucht. Hier hinterlegen die User Schnappschüsse, die sie mit ihren Mobiltelefonen gemacht haben. Werden diese Schnappschüsse nun von anderen Usern verbal kommentiert, gewinnt das Bild erst Bedeutung. Selten sind diese Reaktionen schön, auch die wenigsten Schnappschüsse sind es. Doch Adib Fricke geht es nicht um die Gemeinheiten. Ihm geht es um die Kultur des Kommentars, die im Internet entsteht und die einen „merkwürdigen Zwischenraum des Begehrens und der Begierden markiert“, wie Gerrit Gohlke zu Frickes Internet-Trilogie schreibt.

Diesen Zwischenraum markiert Fricke in seiner Installation in der Villa Grisebach nun seinerseits. Er ordnet die meist kurzen, oft prägnanten Sätze, die er aus den Moblogs herausfilterte, verschiedenen Trägern zu. Auch das ist eine Form des Kommentars: einmal die Wandbemalung, dann die Sätze sandgestrahlt im Spiegel und in bunten Farben auf Holztafeln aufgemalt. Man sieht den Pinselstrich, man riecht die Farbe, spürt das Pathos des Tafelbilds und erkennt – systematisch ironische Malerei. BRIGITTE WERNEBURG

„Can I Feel Your Magic?“, bis 8. September, Di.–Sa. 10–18 Uhr, Fasanenstraße 25, www.thewordcompany.de

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