Radionukleide auch im Milchpulver

■ Die Herstellerfirmen Heiler und Fink vertrieben radioaktiv belastete Ware / Trockenmilchlieferant Ronzheimer unterstellt bewußte Täuschung / Firmen weisen die Vorwürfe zurück

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Daß sich nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl tausende von Menschen mit Vorräten an Trockenmilchpulver „eingedeckt“ haben, ist bekannt. Daß jedoch dieses Trockenmilchpulver - zumindest die Ware der Herstellerfirmen Heiler (München) und Fink (Herrenberg) - bereits kurz nach Tschernobyl teilweise aus Milch gewonnen wurde, die erst nach dem Reaktor–GAU in den Handel gelangte, war bis dato unbekannt. Der Trockenmilchlieferant Bodo Ronzheimer aus Wetter richtete gestern schwere Vorwürfe an die Adressen der beiden Herstellerfirmen aus Baden– Württemberg und Bayern. Ronzheimer ließ angeblich vor Tschernobyl hergestelltes Milchpulver der Firmen Heiler und Fink vom Kernchemischen Institut der Universität Marburg untersuchen. Ergebnis: Das Milchpulver der Firma Heiler war mit 31,3 bq/per kg Cäsium 137 und mit 11,1 bq/kg Cäsium 134 belastet. Bei „Fink– Instant“ wurden gar 120 bq/Kg Cäsium 137 und 57 bq/kg Cäsium 134 nachgewiesen. Ronzheimer hatte vor gut vier Wochen in zwei Hamburger Drogerien (Schnorr und Fellisch, beide HH–Harburg) Milchpulverproben entnommen, da die Herstellerfirmen den Drogerieinhabern versichert hätten, daß ihr Milchpulver „auf alle Fälle vor Tschernobyl hergestellt“ worden sei. Ronzheimer: „Daß die Firma Heiler ihr Milchpulver in handelsunüblichen Plastiksäckchen vertrieb, erregte damals meinen Verdacht.“ In der Tat war die Nachfrage nach Trockenmilchpulver - nach Tschernobyl - so angestiegen, daß die Herstellerfirmen ihre Altbestände bald aufgebraucht hatten. Um im Geschäft bleiben zu können, hätten zumindest die bundesweit vertreibenden Firmen Heiler und Fink das „post– Tschernobyl“–Milchpulver als unbelastet deklariert und verkauft. Auf Nachfrage der taz versicherte der Hamburg–Harburger Drogeriebesitzer Schnorr, daß er davon ausgegangen sei, unbelastetes Milchpulver aus älteren Beständen der Firmen Heiler und Fink verkauft zu haben. Schnorr: „Die Firma Fink hat mir mitgeteilt, daß ihr Magermilchpulver vor Tschernobyl hergestellt worden sei, sonst hätte ich das doch gar nicht verkauft.“ Demgegenüber verwies die Firma Fink auf ein „vier Wochen altes Rundschreiben an alle Endabnehmer“, in dem darauf aufmerksam gemacht worden sei, daß das Trockenmilchpulver jetzt aus „post– Tschernobyl“–Beständen bestehe. Der Drogist Schnorr kann sich dagegen nur an ein Rundschreiben der Firma Fink erinnern, „das vor etwa einer Woche ankam und das vor dem Verkauf von Fink–Instant warnte“.