Blüm sieht sich als „Epochemacher“

■ Dritter Tag der großen Haushaltsdebatte / Thema: Arbeits–, Sozial– und Umweltpolitik / Nur Wahlkampfreden

Aus Bonn Tina Stadlmayer

„Rot–grünes Zittern und Zagen gegen Frischauf–Zukunft und Zuversicht“ - mit dieser Parole setzte Bundesarbeitsminister Norbert Blüm gestern die Reihe der Wahlkampfreden im Rahmen der Haushaltsdebatte des Bundestags fort. Sozial– und Arbeitspolitik standen auf dem Programm. Der Minister bezeichnete die SPD als „Frustrationsschickeria“ und „Miesmacher“: „Sie wollen mit weniger Einnahmen mehr Ausgaben finanzieren. Ich suche auch schon lange eine Sparkasse, wo durch Geldentnahme das Konto wächst.“ Dann setze er an, die „Errungenschaften“ seiner Regierung zu preisen: „Wir haben die Inflation erfolgreich bekämpft.“ Das Realeinkommen der Haushalte sei in diesem Jahr gestiegen. Eberhard Bueb von den Grünen fragte dazwischen: „Sie meinen, das Einkommen der Unternehmer ist gestiegen, das der Arbeiter ist um 14 Prozent gesunken...“ Darauf Blüm: „Die Unternehmer investieren ihr Geld doch wieder in Arbeitsplätze und nicht in irgendwelche Yachten in der Karibik.“ Ausgelassenes Gelächter bei den Fraktionen der Grünen und der SPD. Blüm jedoch nachdenklich: „Natürlich sind Frauen und Kinderreiche von der Arbeitslosigkeit stärker betroffen und Ältere sind länger arbeitslos. Wir brauchen deshalb neue Arbeitsformen und neue Formen der Arbeitszeit.“ Zu guter letzt lobte er sich noch für die Einführung von Kindererziehungszeiten ins Rentenrecht, diese Maßnahme werde als Epochenwerk in die Geschichte der Sozialpolitik eingehen. Genau an diesem Punkt setzte die Rede von Anke Fuchs, Vorsitzende des Arbeitskreises Sozialpolitik der SPD, an: „Was ist denn mit dem Babyjahr für die älteren Frauen? Mit ihrem Stufenplan bis 1990 rechnen sie doch damit, daß viele Ältere nicht mehr in den Genuß des Geldes kommen, weil sie vorher sterben.“ Zur Verringerung der Arbeitslosigkeit schlug sie „Verkürzung der Arbeitszeit“ und die Schaffung von Arbeitsplätzen im Umwelt– und Sozialbereich vor. Auf die Frage Eberhard Buebs, warum sie dann die grünen Anträge immer ablehne, erklärte sie betont forsch: „Grünen Hopp– hopp–Anträgen ohne Absprache mit den Gewerkschaften stimmen wir nicht zu.“ In seiner eigenen Rede hatte zuvor der grüne Sozialpolitiker Eberhard Bueb die Politik von CDU und SPD kritisiert. Die Regierungspolitik benachteilige Arbeitslose, Behinderte, Frauen, Ausländer und Langzeitkranke. Die Sozialliberalen hätten in ihrer Regierungszeit diese Entwicklung bereits eingeleitet. Er sprach übrigens vor fast leeren Rängen. So nahm kaum jemand den Vorschlag für eine „Strukturreform der Sozialpolitik“ zur Kenntnis: Einführung einer „Grundsicherung in allen Lebenslagen“ von mindestens 1000 DM. Interessant beim Selbstlob Walter Wallmanns am Nachmittag: Er kündigte an, daß die geplanten Umweltabkommen mit der DDR, der CSSR und der UdSSR bis zum Januar abgeschlossen werden.