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Daimler im Goldregen

■ Neues Daimler–Werk gegen Höchstgebot / Bremen will Baden–Württemberg überbieten / Bayern ausgebootet / Umweltschutz steht im Schatten / Es geht um 7.000 Arbeitsplätze / 140 Millionen DM geboten

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Wenn ein Automobil– und Rüstungskonzern wie Daimler–Benz derzeit Neuinvestitionen plant, gehen Landespolitiker jeder Couleur und aus allen Bundesländern Klinken putzen. 1,8 Milliarden Mark will der schwäbische Konzern in ein neues PKW–Montagewerk investieren, gerade soviel wie der Überschuß im vergangenen Geschäftsjahr ausmachte, 7.000 Arbeitsplätze stehen in Aussicht. Mit der Zusage von 140 Millionen Mark Investitionshilfe aus der Landeskasse schien die baden– württembergische Regierung vor wenigen Wochen den Stich im Poker um den Standort gemacht zu haben. Mitbewerber Bremen und Bayern hatten trotz guter Gebote das Nachsehen. Doch kaum war die Meldung bekannt, liefen Umweltschützer und Grüne bis hin zur CDU–Mittelstandsvereinigung Sturm. Die letzten Rheinauen im badischen Rastatt würden für den Wahnsinn weiterer Automobilproduktion zubetoniert, schimpften Grüne und Umweltschützer und drohten Grundstückssperrkäufe an. Die CDU–Mittelständler wollten nicht einsehen, daß dem reichsten schwäbischen Konzern Investitionszulagen weit über das übliche Maß hinaus gewährt werden sollten. Die baden–württembergische SPD will zwar unter dem Druck des Daimler–Gesamtbetriebsrats das neue Werk auch gegen alle Umweltbedenken im Lande behalten. Doch sind den Genossen 140 Millionen entschieden zuviel. SPD und Betriebsräte befürchten zu Recht, daß Daimler–Arbeiter der unausgelasteten Nutzfahrzeugwerke in Mannheim und Gaggenau, dann wenn das neue Montagewerk in einem anderen Bundesland entstünde, nicht mehr umgesiedelt werden könnten, sondern arbeitslos würden. Daimler– Chef Prof. Werner Breitschwerdt drohte denn auch in den vergangenen Tagen, sollten sich die Erschließungsmaßnahmen für das Industriegelände in Rastatt verzögern, werde man eben in Bremen siedeln. Ganz zufällig war dann auch am vergangenen Donnerstag der bremische Bürgermeister Klaus Wedemeier in Stuttgart. Zwar sei man nach Baden–Württemberg gekommen, um hiesige Unternehmen zu weiteren Ansiedlungen in Bremen zu gewinnen, aber auch Daimler–Benz verfüge noch über ein großes ungenutztes Industrieareal auf Bremens Gemarkung. Interesse, so Bremens Bürgermeister, habe man schon, und Investitionshilfen in Höhe von 8,75% der Investitionssumme als Unterstützung der Stadt durch die Bundeskasse stünden jederzeit zur Verfügung. Die Entscheidung für Rastatt allerdings scheint trotz aller weiterer taktischer Winkelzüge gefallen, denn Rastatt liegt für Daimler insgesamt günstiger.

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