Feindbestimmung

■ Die Maßnahmen der französischen Regierung anläßlich der Bombenanschläge

Die Attentate, die sich in der letzten Zeit immer mehr häufen, haben die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt und die Regierung in Handlungszwang gebracht. Die Art der jetzt ergiffenen Maßnahmen: Soldaten an den Landesgrenzen, Visazwang für alle Ausländer, die nicht aus EG–Ländern oder der Schweiz kommen, und Kontrollen auf den Straßen - sie steht für die Werte, um derentwillen die rechte Regierung gewählt worden ist: Sicherheit, auch politische Sicherheit, kann nur durch möglichst breitgefächerte Repression hergestellt werden. Und wie es sich trifft, sind die Feinde von außen, die Araber, auch die Feinde von innen. Algerier, Marokkaner und Tunesier, die man ohnehin möglichst wieder loswerden wollte, werden nun verstärkt zu Personen zweiter Klasse gemacht. Die neuen Visazwänge gelten auch für sie. Daß diese Maßnahmen weitere Anschläge verhindern, wird wohl auch in der französischen Regierung keiner glauben. Aber dem Sicherheitsbedürfnis der Franzosen, das in letzter Zeit immer mehr zum Dreh– und Angelpunkt jeglicher Politik geworden ist, wird mit diesen Gesetzen Genüge getan. Die Chance, den Konflikt durch Verhandlungen und eventuelle Freilassung der drei inhaftierten Terroristen zu deeskalieren, ist vertan. Jetzt kann die Regierung sie kaum noch freilassen, ohne das Gesicht zu verlieren. Deshalb muß jetzt - demonstrativ - der Bizeps gezeigt werden. Auf Kosten der Fremden im Land. Und auf Kosten politischer Lösungen. Antje Bauer