Die USA gibt sich kompromißbereit

■ Mit dem Reduzierungs–Angebot auf 200 Sprengköpfe kämpft sich die USA bei den Abrüstungsgesprächen den Weg zu SDI frei

Berlin (taz) - Auf dem Weg zu einem zweiten Gipfeltreffen zwischen Präsident Reagan und Parteichef Gorbatschow sind die Abrüstungsrethoriker beider Seiten offenbar ein wesentliches Stück weiter gekommen. Der Londoner Guardian berichtete am Donnerstag unter Berufung auf britische Regierungskreise, die USA und die Sowjetunion würden zur Zeit über eine Reduzierung ihrer Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper verhandeln. Nach dem US–Vorschlag sollen beiden Seiten je 100 Atomsprengköpfe erlaubt bleiben. Weitere hundert wollen sich nach diesen Informationen die Verhandlungspartner für die Stationierung in den USA und im asiatischen Teil der Sowjetunion zugestehen. So könnten in den fünf am NATO–Programm beteiligten Staaten, Italien,den Niederlanden, Großbritannien, Belgien und der BRD je 16 Cruise Missiles stationiert bleiben, sowie 20 Pershing II in der Bundesrepublik. Dagegen müßte die UdSSR auf 33 SS–20 mit je 3 Atomsprengköpfen abrüsten. Bislang hat die NATO die Aufrüstung mit 527 Marschflugkörpern und Pershing II geplant, während der Warschauer Pakt 920 SS–20 stationieren will. Über ein diesbezügliches Abkommen werden die NATO–Verteidigungsminister im Oktober beraten. Unterdessen geht das Geplänkel um die weitere Einhaltung es ABM–Vertrages weiter, der bislang die Raketensysteme beider Supermächte begrenzt. Weil der Leiter des SDI–Programms, General Abrahamson, nicht daran glaubt, daß das SDI–System vor 1996 im All stationiert werden kann, geben sich die USA jetzt kompromißbereit: Ein Festhalten am ABM–Vertrag bis zu 15 Jahren wird erwogen. Auch Gorbatschow ist von seiner ursprünglichen Forderung abgewichen, den Vertrag weitere 15 bis 20 Jahre einzuhalten. In seinem letzten Brief an Reagan bat er nur noch um Einhaltung „bis zu 15 Jahren“. Florian Bohnsack