: „Eine positive Herausforderung“
Johannesburg (taz) - „Die Senatsentscheidung ist ein Durchbruch für jene Kräfte, die den Schwindel von Bothas Reformen durchblickt haben“, kommentierte Murphyu Morobe, amtierender Pressesprecher der Vereinigten Demokratischen Front (UDF), am Freitag. Seine und die Zufriedenheit anderer Oppositionsgruppen kontrastierte scharf mit der beleidigten Fassungslosigkeit weißer Geschäftsleute. „Es ist unsinnig, daß die USA gegen die südafrikanische Geschäftswelt vorgeht, die bei Reforminitiativen in erster Reihe steht“, maulte ein Sprecher der südafrikanischen Außenhandelsorganisation (SAFTO). „Wir Geschäftsleute werden jetzt mehr Energie aufwenden müssen, um Sanktionen zu umgehen, als um Reformen voranzutreiben“, mokierte sich Raymond Parsons von der Vereinigung der Handelskammern (ASSOCO). Auch die Liberale Oppositionspartei PFP war enttäuscht, machte jedoch Pretoria verantwortlich. „Die südafrikanische Regierung muß verstehen, daß der Mangel an Reformen, der Ausnahmezustand und Verhaftungen ohne Gerichtsverfahren zu diesem fast unvermeidlichen Ergebnis geführt haben“, sagte PFP–Parlamentarierin Helen Suzman. Sie bezweifelte, daß Sanktionen gegen Pretoria erfolgreich sein würden. Die schwerwiegendste Warnung kam jedoch von Ina Perlman, Leiterin der „Operation Hunger“, deren umfangreiches Hilfsprogramm in Südafrikas ländlichen Gebieten schon jetzt überfordert ist. Sie verdeutlichte, daß von jedem schwarzen Arbeiter durchschnittlich neun andere Menschen abhängig sind. „Wir erwarten, daß mindestens weitere 1,2 Millionen Menschen ohne ersichtliches Einkommen sein werden.“ Die Manager versuchten indessen, der Sanktionsentscheidung noch etwas Gutes abzugewinnen. Raymond Parsons sprach von „schwachen bis mittelmäßigen“ Sanktionen, und der SAFTO– Sprecher kommentierte: „Das Sanktionspaket wird uns hart treffen - aber es sollte nicht verheerend sein. Es wird wohl nicht mehr als fünf Prozent unserer Gesamtexporte treffen.“ Auch Fred Du Plessis, Vorsitzender der burischen Versicherungsgruppe Sanlam und als wirtschaftlicher Berater von P.W. Botha einer der einflußreichsten Geschäftsleute des Landes, zeigte sich nicht entmutigt. „Die Sanktionsmaßnahmen sollten als eine positive Herausforderung zur Stimulierung wirtschaftlicher Aktivitäten gesehen werden“, sagte er. Tatsächlich wird schon seit Beginn der Sanktionsdiskussion in Südafrika damit gerechnet, daß Sanktionen zumindest kurzfristig zu einem Mini–Boom in der Wirtschaft führen werden. Ähnliche Erfahrungen wurden auch in Rhodesien gemacht, bevor dort die Weißen die Macht abgeben mußten. Die südafrikanische Industrie wird Ersatzprodukte für verlorene Importe herstellen müssen. „Größere Unabhängigkeit und eine Kauft südafrikanische Güter–Kampagne werden der Industrie einen Schub geben und unausgenutzte Produktionskapazitäten ins Spiel bringen“, sagte Christie Kuhn, Präsident der burischen Handelskammer, im Juni dieses Jahres. Für bestimmte Industriebranchen wirken Sanktionen auch als eine ausgezeichnete protektionistische Maßnahme - der Wettbewerb mit Importprodukten wird vermieden. Solche Überlegungen stellte sicher auch Außenminister Pik Botha an, als er am Freitag kommentierte: „Alle demokratisch gesinnten Südafrikaner sollten zusammenkommen, um ihre Probleme zu lösen, und es der Welt nicht erlauben, das Land zu strafen.“ Dieses Schulter–an–Schulter–gegen–den–Rest–der–Welt– Gefühl spült zur Zeit durch die weiße Bevölkerung. „Saamstaan“, zusammenhalten, heißt das Motto, das nostalgische Erinnerungen an die Zeit der Burenkriege gegen die englische Kolonialmacht hervorruft. Vielleicht waren es solche Überlegungen - nein, Emotionen, die Pik Botha zu seinem verheerenden Einmischungsversuch in die Senatsdebatte bewegten. Er wollte wohl Stärke zeigen, indem er die größte Wirtschaftsmacht der Welt im Sanktionskrieg herausforderte. Statt dessen war das eine jener gravierenden Dummheiten, die sich Pretoria in Krisensituationen des öfteren leistet. Daß überdies jener Minister, der erst vor wenigen Monaten trotzig selbst zu Sanktionen aufrief, nun herumtelefoniert, um Sanktionen zu verhindern, wird ihm selbst in Südafrika kaum gut tun. Hans Brandt
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