Ministerialrat schnell abgeschoben

■ Bundesinnenministerium in Hektik wegen des Abschiebe–Skandals in Helmstedt / SPDler will Untersuchungsausschuß über BGS–BMI–Standleitung / Zunächst einmal Beamter in die Wüste geschickt

Aus Hannover Axel Kintzinger

Die Drohung des Braunschweiger SPD–Bundestagsabgeordneten Klaus–Dieter Kübacher, wegen der Schnell–Abschiebungen von Flüchtlingen im Sommer dieses Jahres einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß einzuberufen, hat im Bundesinnenministerium (BMI) hektische Betriebsamkeit ausgelöst. So fertigte BMI–Staatssekretär Hans Neusel eine detaillierte Auflistung aller Flüchtlinge an, die in diesem Jahr vom Bundesgrenz schutz (BGS) in Helmstedt abgeschoben wurden. Wie berichtet, hatten die niedersächsischen Landtags–Grünen über die Helmstedter Rechtsanwältin Claudia Fittkow im August Strafanzeige gegen Innenminister Zimmermann und die Verantwortlichen des BGS gestellt. Das BMI hatte auf Anfrage von Kübacher anfänglich dementiert, etwas von den Abschiebungen zu wissen. Presseberichte über eine Standleitung zwischen der Grenzschutzstelle Helmstedt und dem BMI, mit der im Hauruck–Verfah ren über Abschiebungen entschieden wurde, wollte das Zimmermann–Ministerium ebenfalls nicht bestätigen. Wie der „taz“ jetzt bekannt wurde, hat dieses Vorgehen im BMI dennoch Konsequenzen gehabt: Ministerialrat Leonard, Beamter am Bonner Ende der Standleitung, wurde seines Postens enthoben. Aus dem Neusel–Papier geht weiter hervor, daß Innenminister Zimmermann bereits zwei Tage, nachdem die Anzeige gegen ihn gestellt worden war, seine Verantwortung für die Abschiebungen abgab und die Zuständigkeit auf den BGS abwälzte. Für die nächste Innenausschuß– Sitzung des Bundestages hat Neusel, so der SPD–Abgeordnete Kübacher, versprochen, eine detaillierte Einzelfall–Untersuchung über jeden abgeschobenen Flüchtling dieses Sommers vorzulegen. Das Braunschweiger Verwaltungsgericht hatte im September in mindestens einem Fall Abschiebungen als unrechtmäßig bezeichnet. In einem Urteil wurde dem BGS Kompetenzüberschreitung vorgeworfen.