: l5 Jahre Jazz–Sektion
Als drei Jahre nach dem Prager Frühling am 30. Oktober 1971 die Jazz–Sektion gegründet wurde, wollten sich Musiker und Künstler ein legales Forum schaffen, in dem sie sich auch ohne offizielle Publizität mitteilen konnten. Daraus wurde die größte unabhängige Kulturorganisation in der CSSR, mit 7.000 Mitgliedern und weiteren 2.000 Kandidaten, die erst seit zwei Jahren Schwierigkeiten mit den Behörden und dem Staatssicherheitsdienst hat. Neunmal (zwischen 1974 und 79) organisierte die Jazz–Sektion die „Prager Jazztage“, zu denen über zehntausend Musiker und Gäste aus ganz Europa kamen und die sich zu einem Forum avantgardistischer Musik aus Osteuropa entwickelten. In ihrem Haus in der Ke Kreske Strani 611 am Rande Prags organisierte die Sektion internationale Seminare und Diskussionen zu moderner Musik, hier lief der ganze Service für die Sektion: Cassetten wurden vervielfältigt, Videos gedreht und eine große Bibliothek aufgebaut. Damit wurde die Sektion für die Amateure zu einem nicht mehr verzichtbaren Faktor. Die Jazz–Sektion wurde gleichzeitig ein Forum für bildende Künstler. Bildhauer, Maler und Grafiker konnten hier in privaten Ausstellungen auftreten und wurden in den 15 erschienenen „Situace“ gedruckt, einem Katalog, dessen hohe technische Qualität Aufsehen erregte. Nachdem die letzte „Situace“ vor zwei Monaten mit den Arbeiten eines der bedeutendsten Künstler der CSSR, Vladimir Janouschek, veröffentlicht wurde, bekam er seine erste öffentliche Ausstellung nach 1968 angeboten. Diese liberale Phase ist nun offensichtlich vorerst beendet: Das Angebot wurde zurückgezogen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen