Zur „Heilung“ verurteilt

■ In Frankreich sollen Drogenabhängige zur medizinischen Zwangsbehandlung verurteilt werden

Aus Paris Georg Blume

Die Gesundheitsministerin Michele Barzach bezeichnet das neue Gesetz als „total unrealistisch“. Doch ihr gaullistischer Regierungskollege Albin Chalandon hält durch: Heute präsentiert der französische Justizminister im Ministerrat sein umstrittenes „Anti–Drogengesetz“. Es wird Drogenabhänigigen in Frankreich demnächst nicht anders ergehen als psychisch Kranken. Auf Nachfrage des Ehepartners, der Vorfahren oder Nachkommen, des Vormunds oder des Staatsanwaltes kann „jeder Volljährige, der aufgrund regelmäßigen Drogengebrauchs eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes riskiert, auf Gerichtsbeschluß in eine sanitäre Einrichtung zu therapeutischen Zwecken eingewiesen werden“, so heißt es in dem Gesetz. Damit wird die medizinische Zwangsbehandlung von Drogenabhängigen möglich, noch bevor ein Prozeß gegen sie angestrengt, geschweige denn ein Richterurteil gefällt ist, das zudem bis zum „erfolgreichen“ Abschluß einer Entziehungskur aufgeschoben werden kann. Ziel ist „die Kontrolle der gerichtlichen Autorität über die Realität der Entziehungskur zu stärken“. Damit nicht genug. In Dealer– Prozessen wird man in Zukunft das Kronzeugenprinzip zulassen. Die Höchststrafen für Drogendelikte sollen auf 42 Jahre Freiheitsentzug heraufgesetzt werden. Kommentar auf Seite 4