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„Ich habe die Contra versorgt“

■ Eugene Hasenfus sagt vor Gericht aus und bestätigt seine eigenen Angaben, auf die sich unter anderem die Anklage Nicaraguas bezieht / Aussagen zu seiner CIA–Mitarbeit jedoch vermieden

Aus Managua Ralf Leonhard

„Bei den vier Flügen von Aguacate (Basis der Contras in Honduras) ins nördliche Nicaragua transportierten wir leichte Waffen, Munition, Medikamente und Uniformen an die FDN–Einheiten entlang des Rio Grande.“ Mit dieser Aussage bestätigte der US– amerikanische Söldner Eugene Hasenfus seine eigenen Angaben, auf die sich unter anderem die Anklage der nicaraguanischen Staatsanwaltschaft stützt. Das Beweisermittlungsverfahren vor dem Antisomozistischen Volkstribunal in Managua erreichte Dienstagnachmittag seinen Höhepunkt, als der Angeklagte seine Aussage machte. An den vorhergehenden Tagen waren die Soldaten, die am 5. Oktober die C–123 Transportmaschine mit der heißen Ladung für die Contras abgeschossen hatten, vor Gericht erschienen und die aus dem Wrack geborgenen Waffen und Stiefel waren vor dem Richter ausgepackt worden. Das Geständnis des Angeklagten war nurmehr die Krönung des Beweisverfahrens. Hasenfus gab dieselbe Geschichte zu Protokoll, die er bereits vor Wochen in einer Pressekonferenz und inzwischen gegenüber einem Dutzend Journalisten erzählt hatte: nach fünf Jahren im US Marine Corps (1960–65), wo er sich auf Luftfracht spezialisiert hatte, bekam er einen Posten bei der privaten Fluggesellschaft Air America (die nach früheren Aussagen vom Geheimdienst CIA benützt wird), für die er dann bis 1973 in Südostasien als Frachtexperte arbeitete. Im Juni 1986 sei Hasenfus von seinem ehemaligen Kollegen, dem Piloten William Cooper, telefonisch gefragt worden, ob er Interesse hätte in Zentralamerika ähnliche Einsätze zu fliegen wie im Vietnamkrieg, und zwar für die private Fluggesellschaft Corporate Air Services. Hasenfus, arbeitslos und in Geldnöten, nahm an. Basis der Operationen war die salvadorianische Luftwaffenbasis Ilopango, wo die nicaraguanischen Contras ein Waffenlager unterhielten. Flüge gingen von Ilopango in die Contra–Basis Aguacate in Honduras und von dort ins nördliche Nicaragua oder direkt von Ilopango über den Luftraum Costa Ricas ins südliche Nicaragua. Die Waffenladungen wurden über Gebieten abgeworfen, wo Funkkontakt mit den Empfängern - Einheiten der Contras - hergestellt werden konnte. Pilot William Cooper, Copilot Wallace Sawyer sowie ein Funkexperte der Contra kamen auf dem letzten Flug ums Leben, als die Transportmaschine abgeschossen wurde. Lediglich Hasenfus konnte sich per Fallschirm retten. Anders als in seinen ersten Aussagen vermied es Hasenfus, die Regierung in Washington oder den Geheimdienst CIA auch nur zu erwähnen. Auf diesbezügliche Fragen des Anklägers antwortete der Geständige ausweichend, etwa über die Exilkubaner Max Gomez und Ramon Medina, die Hasenfus früher als CIA–Leute bezeichnet hatte: „Ob Gomez für Cooper oder Corporate Air Service arbeitete, weiß ich nicht.“ Verteidiger Enrique Sotelo Borgen, der sich kurz vorher erneut mit Griffin Bell, dem ehemaligen Generalstaatsanwalt der Carter–Regierung, beraten hatte, war lediglich bemüht, die untergeordnete Rolle des Angeklagten herauszustreichen. Er ließ seinen Mandanten bestätigen, daß er weder auf die Flugpläne noch auf die Auswahl der Ziele Einfluß hatte. Zum Schluß wurde es fast pathetisch, als der Anwalt Hasenfus fragte, ob er die Regierung um Begnadigung bitten würde, um zu seiner Frau und seinen drei Kindern heimkehren zu können. Hasenfus antwortete mit einem entschiedenen „ja“. Während Griffin Bell von seinem etwas grotesken Vorschlag nicht abläßt, den einmal Verurteilten gegen 19 wegen Drogenvergehen in den USA einsitzende Nicaraguaner auszutauschen, scheint es in Managua beschlossene Sache zu sein, den Söldner ehebaldigst zu begnadigen. Ein hoher Regierungsfunktionär ließ durchblicken, daß ein verurteilter Hasenfus für Nicaragua keinen Wert mehr habe: „ Wir haben wohl ausreichend nachweisen können, wie weit die USA in diesen Krieg verstrickt sind“. Das Urteil in erster Instanz wird voraussichtlich am 11. oder 12. November ergehen. Es wird allgemein damit gerechnet, daß Eugene Hasenfus wegen Terrorismus, krimineller Verschwörung und Beihilfe zur Bedrohung der nationalen Sicherheit zur Höchststrafe von 30 Jahren verurteilt wird.

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