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Dänische Seeleute verweigern Waffentransporte

■ Seemannsgewerkschaft informierte über internationale Waffendeals unter dänischer Flagge / US–Waffen in den Iran und sowjetische Waffen nach Lateinamerika transportiert / Gewerkschaft und Sozialdemokraten fordern Verbot aller Lieferungen in Kriegsgebiete

Von Reinhard Wolff

Berlin (taz) - Ronald Reagans Eingeständnis, entgegen der propagierten offiziellen Politik dem Iran doch Waffen verhökert zu haben, bestätigt Behauptungen der dänischen Seeleutegewerkschaft vom September dieses Jahres. Damals allerdings konnte man keinen Beweis für die Verwicklung der US–Regierung in den Deal liefern. Die Seeleute wußten nur, daß auf ihren Schiffen amerikanische Waffen verschoben werden sollten, nicht aber wer der Verkäufer war. Die Besatzung eines dänischen Schiffes, das im israelischen Hafen Eilat 4.000 Tonnen Waffen und Munition amerikanischer Herkunft geladen hatte, weigerte, sich die Fahrt fortzusetzen, als ihr die weitere Fahrtroute mitgeteilt wurde: der Persische Golf. Nach Schätzung der Seeleutegewerkschaft sind in den letzten Jahren mindestens sechzig Waffentransporte in Spannungs– oder Kriegsgebiete mit dänischen Schiffen durchgeführt worden. Damit soll es jetzt ein Ende haben. Die Gewerkschaft forderte ihre Mitglieder auf, sich nicht mehr zu diesen Transporten mißbrauchen zu lassen. Darüber hinaus sollen Waffentransporte in Kriegsgebiete generell verboten werden. Die „Reeder des Todes“ (so die dänische Zeitung Information) verdienen gut mit diesen Geschäften. Sie verfrachteten nicht nur für die Reagan–Administration amerikanische Produkte in den Iran, sondern auch sowjetische Maschinenpistolen und Raketenteile nach Latein–Amerika. Nach wie vor ist das dänische Schiff Pia Vesta im Hafen von Panama durch den dortigen Zoll beschlagnahmt, der auf dem Kahn am 14. Juni dieses Jahres 1.400 Maschinenpistolen und eine etwa gleich große Menge Raketenteile sowjetischer Herkunft entdeckte. Das Schiff war in Rostock beladen worden, angeblich nur mit Lkws und Ersatzteilen. Just als Ronald Reagan vor seine Nation trat, um zu der Affaire „Teheran–Connection“ Stellung zu beziehen, änderte im Mittelmeer ein weiteres dänisches Schiff seinen Kurs. Und das nicht freiwillig, sondern auf Veranlassung der Seemannsgewerkschaft. Die Marie T.H. hatte in Italien und Griechenland Waffen geladen. Als die Besatzung den Zielort - das iranische Bandar Abbas - erfuhr, informierte sie sofort die Gewerkschaft. Nach Einschaltung des Industrie–Ministers gelang es, den Reeder zu bewegen, das Schiff, kurz bevor es die Mittelmeer–Gewässer verließ, zu stoppen. Die Else T.H., ein Schwesterschiff der Marie T.H., verschiffte mindestens viermal Waffenladungen vom israelischen Eilat nach Bandar Abbas, bevor die Besatzung nicht mehr mitspielte. Verboten ist in Dänemark bislang nur der Transport von Waffen nach Südafrika. Hier sieht das Strafgesetz bei Verstößen Freiheitsstrafen bis zu vier Jahren und hohe Geldstrafen vor. Offenbar hindert dies die Reeder aber nicht, das lukrative Geschäft weiterhin zu betreiben. Im August standen in Svendborg zwei Reeder vor Gericht, weil sie von Bordeaux aus Waffen ins südafrikanische Durban verfrachtet hatten. Ein ebenfalls angeklagter Kapitän gab zu Protokoll, daß sich seines Wissens die Hälfte aller dänischen Reedereien an Waffentransporten beteilige. „Wir sind für unsere Zuverlässigkeit bekannt und die dänische Flagge gilt als unverdächtig“, erklärte ein Reeder die Vorliebe der internationalen Waffendealer für Schiffe unter dem „Danebrog“. Diese Herren werden sich angesichts der Entschlossenheit der dänischen Gewerkschaft nun eine neue, „unverdächtigere“ Flagge suchen müssen. Denn auch im dänischen Parlament arbeiten die Sozialdemokraten gerade an einem Gesetzesvorschlag, der Waffentransporte in kriegsführende Länder vollständig verbieten soll.

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