WAA–Prozeß: Exempel an Jugendlichen

■ Bisher höchste Strafe in Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die WAA / Verfahren fand unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt / Die Verteidigung beabsichtigt, Berufung einzulegen

Von Bernd Siegler

Schwandorf (taz) - Zu 14 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilte ein Jugendschöffengericht einen 17jährigen Schwandorfer und einen 18jährigen Wackersdorfer in Zusammenhang mit den schweren Pfingstauseinandersetzungen am WAA–Bauzaun. Jugendrichterin Schmidt hielt die beiden des schweren Landfriedensbruchs, der versuchten schweren Körperverletzung und der schweren Sachbeschädigung für überführt. Bei dem Verfahren, das unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfand, gestanden die Jugendlichen, mit einer Luftpistole auf Wasserwerfer geschossen zu haben. Sie bestritten jedoch, aus der Menge heraus Steine geworfen und bei der Festnahme Widerstand geleistet zu haben. Zu Beginn der Verhandlung hatte Jugendrichterin Schmidt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers für den 18jährigen abgelehnt. „Der Staat finanziert Gewalttätern nicht auch noch ihre Verteidiger.“ Jugendrichterin Schmidt gilt als stramme CSU–Frau, die sich rühmt, noch nie am WAA–Gelände gewesen zu sein. Für sie sind alle Aktionen gegen die WAA ein schwerer Anschlag auf den Rechtsstaat. Mit dem Strafmaß blieb sie nur knapp unter dem Antrag des Staatsanwalts. Freiherr von Kastell, der 18 Monate Freiheitsstrafe beantragt hatte. Obwohl die Jugendhilfe den beiden eine positive Prognose ausgestellt hatte und beide noch nicht straffällig geworden sind, wertete Richterin Schmidt die Schwere der Tat und „schädliche Neigungen“ als strafverschärfend. Nach Ansicht von Verteidiger Hey, der in die Berufung gehen will, sollte an den Jugendlichen ein Exempel statuiert werden. Der Prozeß gegen die beiden ist der erste einer nun beginnenden langen Reihe von Verfahren im Zusammenhang mit den Pfingstauseinandersetzungen und der verbotenen Demonstration am Bauzaun am 7. Juni dieses Jahres. Damals hatte die Polizei aus Hubschraubern CS–Gaskartuschen in die Menge und auf Sanitätsfahrzeuge geworfen. Ein Mannschaftswagen wurde daraufhin in Brand gesteckt. Im Anschluß daran mußte der Oberpfälzer Polizeipräsident Hermann Friker seinen Hut nehmen. Seine Unfähigkeit, eine „offensive Polizeitaktik durchzusetzen“ und eine entsprechende Anzahl von Festnahmen zu verbuchen, wurde ihm zum Verhängnis.