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D O K U M E N T A T I O N Noch Scham in Bayern

■ Auszüge aus einem Brief von Franz–Xaver Kroetz, Mitglied der Münchner „Künstler gegen Apartheid“

Diesen Brief ließ Bundestagspräsident Jenninger gestern aus der Südafrika–Ausstellung im Langen Eugen entfernen: Ausgerechnet in den Tagen des Genfer Gipfels übernahm es die Hanns–Seidel–Stiftung, mit ihrem Münchner Politik– und Strategiesymposium die Exponenten des südafrikanischen Rassistenregimes - den Polizeiminister und den Minister für „Information“ - in einer Weise aufzuwerten, die nach den weltweiten Protesten und nach der Verurteilung der Apartheidpolitik durch die Vereinten Nationen wohl und leider nur noch in Bayern möglich ist. (...) Wer sich zum gemütlichen Plaudern mit den Organisatoren des südafrikanischen Terrors trifft, um denen mal Gelegenheit zu geben, die Sachen so darzustellen wie sie „wirklich sind“, der muß es sich gefallen lassen, daß man ihn erkennt und nennt. Es gibt noch Scham, Moral und Anstand in Bayern. Wir bringen dieses Verhalten nicht unter unseren menschlichen Hut (der viele verschiedene politische Gesichter hat). In seinem offenen Brief zählt Kroetz die Teilnehmer des „Münchner Politik– und Strategiesymposiums“ auf. Der südafrikanische Polizeiminister und der Informationsminister trafen sich dort mit: Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Altenburg, Altbundespräsident Carstens, CSU–MdB Kreile, ZDF–Löwenthal, Bayernkurier–Chefredakteur Scharnagl; Landesvater Strauß, Chef des Bundesnachrichtendienstes Wiek und Verteidigungsminister Wörner. Auch der folgende erläuternde Ausstellungstext soll entfernt werden: Die Bundesrepublik Deutschland gehört zu den stärksten Unterstützerländern der Apartheid. Sie arbeitet auf das engste wirtschaftlich, militärisch–nuklear, politisch und kulturell mit Pretoria zusammen. Ohne die Unterstützung der westlichen Industrienationen wäre das System der Apartheid längst zerstört worden. Die Bundesrepublik hat wesentlich dazu beigetragen, das Apartheidregime zur Atommacht auszurüsten. Über 400 bundesdeutsche Firmen erzielen in Südafrika Höchstprofite aufgrund der Hungerlöhne für Schwarze und größtenteils fehlende Sozialleistungen.“

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