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„Kommando Phillip Müller“ vereitelt

■ BKA–Beamte nehmen Studenten in Bielefeld fest / In seiner Wohnung wurde ein Bekennerschreiben zu einem für Dienstag geplanten Anschlag auf Siemens gefunden / Festgenommener packt aus

Berlin (taz) - Offensichtlich aufgrund eines Spitzel–Hinweises nahmen Beamte des Bundeskriminalamtes in der Nacht zum Freitag in Bielefgeld einen 24jährigen Studenten in seiner Wohnung fest, der angeblich einen Sprengstoffanschlag auf eine Siemens–Niederlassung in Bielefeld plante. Wie das BKA erst am Sonntag mitteilte, wurde der Entwurf für ein Bekennerschreiben bei dem Festgenommenen gefunden, in dem es heißt: „Wir haben am 9.12.1986 auf ein Bürogebäude der Siemens AG in Bielefeld einen Sprengstoffanschlag verübt.“ Das Schreiben sei mit „Kämpfende Einheit Phillip Müller“ und einem fünfzackigen Stern unter zeichnet. Der Arbeiter Phillip Müller war im Mai 1952 bei einer Demonstration gegen die Wiederbewaffnung erschossen worden. Der festgenommene Jens K. habe im Verhör mitgeteilt, wo sich die Materialien für den Sprengsatz befänden. Im Laufe des Freitags fanden die Beamten vier 30–Kilo– Gasflaschen und einen Feuerlöscher in der näheren Umgebung von K.s Wohnung in der Nordstraße, nachdem sie zuvor erfolglos in seinem Garten gegraben hatten. Der Zündmechanismus befand sich in der Wohnung selbst. Die BKA–Beamten, von deren Aktion die Bielefelder Polizei nicht informiert war, haben die Stadt am Samstag zusammen mit K. verlas sen. Gegen ihn wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Der stellvertretende Sprecher des BKA, Förster, verweigerte der Presse gegenüber Auskunft darüber, woher der Hinweis über den bevorstehenden Anschlag stammte. Nach Einschätzungen aus der Bielefelder Szene und eines in der Stadt recherchierenden Journalisten muß er von einem Spitzel stammen. „Die Beamten gingen äußerst professionell vor“, wurde berichtet. Vermummte Gestalten traten nachts um drei Uhr die Tür ein, nahmen den Verdächtigen fest und fanden, offenbar ohne größere Durchsuchungsaktion, den Entwurf des Bekennerschreibens. In der gleichen Nacht wurde noch eine andere Bielefelder Wohnung durchsucht und ein weiterer Verdächtiger festgenommen, der jedoch ein paar Stunden später wieder freigelassen wurde. Es habe sich um eine Verwechslung gehandelt, hieß es. Die Ermittlungsbehörden suchen noch mindestens zwei weitere Personen. Nach Informationen des Bielefelder Journalisten sollte der Sprengsatz Dienstag nacht um vier Uhr explodieren. Der Siemens–Konzern unterhält in Bielefeld ein technisches Büro und ein Verkaufslager. Einrichtungen dieser Größe gibt es etwa 150 in der Bundesrepublik einschließlich West–Berlin. Imma Harms

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