Geschlossen in die Erstarrung

■ Hamburger SPD präsentiert sich auf dem Parteitag nach dem Wahldebakel geschlossen aber lahm / Gegen CDU und GAL mit „sozialdemokratischen Profil“ weiterwursteln / Linke GAL–Freunde unterliegen

Aus Hamburg Tom Janssen

Geschlossen und kleinlaut präsentierte sich die Elb–SPD auf ihrem außerordentlichen Landesparteitag. Offensichtlich saß den 328 Delegierten die Wahlniederlage vom 9. November noch in den Knochen. Die SPD hatte nicht nur die absolute Mehrheit und beinahe zehn Prozent der Stimmen verloren, sondern war hinter der CDU nur zweitstärkste Partei gewor den. Landesvorsitzender Ortwin Runde und der Wahlverlierer Klaus von Dohnanyi steckten den Rahmen ab. Runde präsentierte ein Zukunftsprogramm für die Partei, in dem er konkrete Utopien und eine Integration der verschiedenen Parteiflügel forderte. Eine große Koalition mit der CDU, aber auch eine Tolerierung durch die Parteichristen lehnte Runde ab. Begründete er diese Ablehnung noch ausführlich, so stellte er in bezug auf die GAL nur fest, daß es mit ihr keine Tolerierungsverhandlungen geben werde. Diesem Programm vom Ausstieg aus der Kernenergie bis zur Kommunalisierung der Neuen Heimat setzte Bürgermeister Klaus von Dohnanyi „eiserne wirtschaftspolitische Notwendigkeiten entgegen“. Feinsinnig hieß es bei ihm nur, „keine Koalition mit der CDU“, über eine Tolerierung schwieg er sich aus. Stattdessen verwies Dohnanyi darauf, daß in der Demokratie Koalitionen zwischen demokratischen Parteien nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden dürften. Daß das hauptsächlich auf die CDU gemünzt war, machte der nächste Satz klar: „Willy Brandt und Herbert Wehner waren keine Parteiverräter in der Großen Koalition.“ Der dritte Hauptredner des Abends, SPD–Vorsitzender Willy Brandt, forderte die Hamburger auf, die „Schlappe vom 9. November am 25.1. wettzumachen“. Das schlechte Wahlergebnis sei ein „Denkzettel“, aber keine Richtungsänderung der Wähler. In den Ansätzen zu einer Wahlanalyse der drei Redner waren sich alle unterschiedlich gewichtet darin einig, daß nicht nur hausgemachte Hamburger Probleme eine Rolle spielten. Vielmehr ginge es darum, jetzt zu erkennen, daß sich auch in der traditionellen SPD– Wählerschaft durch veränderte gesellschaftliche Bedingungen ein tiefgreifender Wandel vollziehe, der sich vor allem in den Großstädten dramatisch zuungunsten der SPD äußere. Davon wiederum wollte der neue Star der Hamburger SPD, der Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft Henning Voscherau, nichts wissen. Er forderte seine Partei auf, sich geschlossen der Situation eines Minderheitensenats zu stellen und notfalls auch Neuwahlen zu riskieren. Dabei spekulierte er nicht auf die verlorengegangene absolute Mehrheit, sondern forderte realistischer: „Wir müssen in Hamburg wieder die Nr. 1 werden!“ Bei soviel Zwang zur Einheit folgte die Partei trotz einiger kontroverser Redebeiträge beinah einstimmig der Vorstands– und Regierungslinie: nach der Bundestagswahl Gespräche mit der CDU, aber weder Koalition noch Tolerierung. Gleichzeitig wurde die Distanz zur GAL vorerst bestätigt und damit die Niederlage für drei linke Bezirke mit ihren Delegierten besiegelt. Sie hatten Gespräche mit der GAL bis hin zu einem Koalitionsangebot gefordert. Das Desaster für die Parteilinke wurde komplett, als sogar ein für die Öffnung zur GAL votierender linker Kreis gegen den eigenen Antrag stimmte.