: Wer steckt hinter der EAP?
■ In einem jetzt erschienenen Buch wird nach den Drahtziehern der obskuren Europäischen Arbeiterpartei gefahndet / „Weltweit bester privater Nachrichtendienst“
Noch einige Wochen, dann ist es wieder soweit: Das abendliche Fernsehprogramm wird bereichert durch die Wahlspots der Parteien und der geneigte TV–Konsument darf sich vor Beginn des Tatorts erst einmal anhören, was Strauß zur Verbesserung der Weltlage zu tun gedenkt, daß es uns noch nie so gut ging wie heute (Kohl), die gegenwärtige Regierung eine Katastrophe ist (die Opposition) usw. Farbe in die bekannten Litaneien bringen in aller Regel die sogenannten Splitterparteien. Da kommen dann auch die Freunde fürs Skurrile auf ihre Kosten, die besonders eine Truppe in Erinnerung haben dürften: die Europäische Arbeiterpartei und ihre Vorsitzende Helga Zepp–LaRouche. Sobald Frau LaRouche im letzten Wahlkampf loslegte, bekam jeder mit Sinn für Verschwörungstheorien Außergewöhnliches geboten. Dieser Tage ist nun ein Buch erschienen, das für sich in Anspruch nimmt, die Hintergründe dieser bisweilen sehr unangenehm in Erscheinung tretenden Truppe aufzuklären. „Deckname: Schiller“, von Helmut Lorscheid und Leo Müller, weist bereits in seinem Titel auf ein signifikantes Merkmal des untersuchten Gegenstandes hin: egal ob „Europäische Arbeiterpartei“, „Schillerinstitut“ oder „Patrioten für Deutschland“ - es handelt sich jeweils um Decknamen für eine Organisation, die in den USA, ihrem Herkunftsland, als LaRouche–Imperium gekennzeichnet wird. Lyndon H. LaRouche, 64 Jahre alt, Millionär, Amerikaner und nach eigener Definition „Unternehmensberater“, „Philosoph“ und „großer Ökonom“ ist zumindest das führende Aushängeschild eines weltweit operierenden Konzerns, dessen Produkte aus einer kruden Ideologie bestehen und der angeblich über den „weltweit besten privaten Nachrichtendienst“ verfügt. Wer allerdings hofft, durch die Lektüre des Buches eine eindeutige Antwort auf Finanziers und Hintermänner des Imperiums zu bekommen, wird getäuscht. Angeboten werden als Fazit der Recherchen Einschätzungen so verschiedener Organisationen wie der DKP, für die die LaRouche–Gruppe ein CIA–Ableger ist, und der amerikanischen Heritage–Foundation, dem führenden brain–trust der amerikanischen Rechten, die gerade umgekehrt den KGB als Drahtzieher im Hintergrund ausgemacht haben wollen. Die Autoren selbst neigen am ehesten zu der These, „daß es sich hier um das Spiel einer mehr oder weniger privaten Nachrichtendienstlichen Organisation handelt, möglicherweise einer aus politischen Gründen abgespaltenen Seilschaft aus westlichen Dienstlern.“ Bleibt die Frage, warum man sich eigentlich mit diesem obskuren Verein beschäftigen sollte, da ihre Wahlergebnisse, unter welchem Deckmantel auch immer, bis auf wenige spektakuläre Einzelerfolge, bislang kaum Anlaß zur Sorge bieten. Die überzeugendste Antwort darauf bieten Recherchen eines US–amerikanischen Journalisten, die in dem Buch einer deutschen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Unter dem programmatischen Titel „LaRouche is no joke“ beschreibt Dennis King akribisch die erfolgreiche Einflußnahme des LaRouche–Imperiums auf maßgebliche Leute der amerikanischen Administration. Danach haben die „LaRouchiens“ vor allem zwei Themen, die ihnen besonders am Herzen liegen, erfolgreich innerhalb der US–Regierung plaziert: Strahlenwaffen und Kernfusion. Lange vor Ronald Reagans berühmt berüchtigter „Star Wars“–Rede propagierten die LaRouchiens den Krieg im Weltraum und nach den Recherchen der Autoren wußten sie auch Monate im voraus, daß Reagan eben jene Rede halten würde. Ähnliches gilt für die Atomenergie, als deren glühendste Verfechter sie lange vor den offiziellen Mitgliedern der internationalen Atomgemeinde die Kernfusion als das Projekt der Zukunft preisen. Unter dem Strich bleibt: die LaRouche–Truppe betreibt in den USA und mit zahlreichen Ablegern in anderen westlichen Staaten vor allem in der BRD mit Vehemenz und viel Geld, dessen Herkunft im Dunkeln bleibt, Propaganda für „harte Technolo bei der Vereinnahmung führender Militär– und Atomexperten aufweisen können. Entsprechend ihrem Programm richtet sich ihr Haß in der BRD vor allem gegen die Grünen. Warum diese Truppe aber als Partei getarnt bei Wahlen antritt, welche politischen Ziele sie letztlich tatsächlich verfolgt: Selbst ausgestiegene Mitglieder aus dem inneren Zirkel, so die Autoren, können diese Fragen nicht beantworten. Jürgen Gottschlich Deckname: Schiller, von Helmut Lorscheid u. Leo A. Müller; rororo Aktuell.
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