: Sankt Florians–Prinzip
■ Italiens Käse „strahlt“ in die Dritte Welt
Daß es sich bei der versuchten Versteigerung strahlenverseuchter Milchprodukte durch staatliche Stellen in Rom um einen Skandal erster Klasse handelt, ist unbestritten. Dennoch sollte man sich vor pharisäerhaftem Fingerzeigen hüten - weder sind alle bundesdeutschen Hände sauber (siehe Kondensmilch nach Thailand), noch ist dies der erste italienische Versuch, Giftiges loszuschlagen. So haben z.B. im vergangenen Sommer neapolitanische Bauern mit Pflanzenschutzmitteln vergiftete Tomaten nach Afrika exportiert. Deutlich ist eine unverfrorene Tendenz: die Drittweltländer als Entsorger - zahlende noch dazu. Eine wirksame Kontrolle der Vernichtung schädlicher Produkte fehlt überall. Die Crux liegt bei alledem darin, daß sich die Politiker nach Katastrophen schöne Gesetze einfallen lassen - aber stets nach dem Motto: „O heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünds andere an“. Überdies dienen viele Initiativen nur der momentanen Bürger–Beruhigung. So hat z.B. die Schweiz bis heute die Normen nicht unterzeichnet, die nach dem von Schweizern provozierten Seveso–Unheil vor zehn Jahren erarbeitet worden waren - doch das kam erst bei der Rhein–Katastrophe wieder ans Licht. Und Italien weigert sich seit Jahren, die Schadstoff– Ausstoß–Vorschriften zu ratifizieren, die es selbst bei der EG eingebracht hat. Wen wundert es da, wenn man „Strahl“–Produkte in ferne Drittweltländer verhökert, denen man nun überhaupt keinerlei Schutz versprochen hat? Werner Raith
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