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Krach um Roten Kalender

■ Mißlungene Montagen verärgerten Göttinger Buchhändler / „Postmodernes Ärgernis“

Berlin (taz) - Was hat „Führers Geburtstag“ im Kalendarium des „Roten Kalender 1987“ zu suchen? Und warum fehlt das Datum des Attentats auf Rudi Dutschke genauso, wie sein Todestag? Warum findet sich unter dem Datum des 2. Juni die Krönung Elisabeths (1953) und nicht die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorgs durch den Polizisten Kurras während einer Anti–Schah–Demonstration in Berlin (1967)? Immerhin ein Datum, das in diesem Kalender nie fehlte, genauso wie ein anderes Datum, die Erschießung Georg von Rauchs am 4. Dezember (1971). Wegen dieser Daten fanden in den 70er Jahren langwierige Prozesse gegen den damaligen Verleger des Roten Kalender Wagenbach statt. Der noch aus studentenbewegten Tagen stammende Göttinger Buchladen „Rote Straße“ sieht jetzt in bestimmten unkommentierten Zusammenstellungen von Daten und Bildern in dem neuesten „Roten Kalender“, etwa dem Warschauer Ghetto– Aufstand mit Führers Geburtstag unter dem Datum des 20. April „unzulässige und vor allem auch unkommentierte Montagen“. Für die Leute vom Buchladen ist der Kalender ein so großes Ärgernis gewesen, daß sie über dreihundert Exemplare an den Rotbuch–Verlag mit der Bitte um Gutschrift zurücksendeten. Für sie werden mit dem Kalender „die Käufer verarscht“ und mit der Verpackung „Roter Kalender“ „Etikettenschwindel“ betrieben. Einer der Autoren des Kalenders rechtfertigt die Veränderungen und das „Montageprinzip“ des Kalenders damit, daß er „den Leuten nichts vordenken will“. Ihm sei es mit Auswahl und Kommentierung des Taschenkalenders darum gegangen, bestimmte Ereignisse aufeinanderprallen zu lassen. War der Kalender einmal dazu gedacht, verschüttete Traditionen sichtbar zu machen, sieht sein „Erfinder“ Klaus Wagenbach den neuen Kalender mit Mißvergnügen: „Die Postmoderne hat inzwischen ein Kollektiv erreicht, daß sich bis vor kurzem noch als politisch verstand“.

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