RAF–“Kronzeuge“ wieder in der BRD

■ Der mit Hilfe des BKA abgetauchte, lang verschwunden gebliebene Volker Speitel lebt nach Angaben der Zeitschrift Konkret wieder in der Bundesrepublik / Er war Belastungszeuge in vielen RAF–Prozessen

Hamburg/Berlin (taz) - Ex– RAF–Mitglied und Ex–“Kronzeuge“ der Bundesanwaltschaft Volker Speitel ist unter dem Namen T. Keller wieder in der Bundesrepublik aufgetaucht. Speitel, dessen Aussagen in den RAF–Prozessen wegen der Ermordung von Buback, Ponto und Schleyer zur Verurteilung beitrugen, lebt - wie die Hamburger Zeitschrift „konkret“ in ihrer neuesten Ausgabe behauptet - mit Familie in einer westdeutschen Kleinstadt. Speitel soll nach Recherchen der Zeitschrift 1979 vom Bundeskriminalamt nach Brasilien geschleust worden sein. Trotz Finanzhilfen des BKA soll er dort mit einer Werbefirma pleite gegangen sein. 1984 soll Speitel dann ohne Kenntnis des BKA in die BRD zurückgekehrt sein. Konkret behauptet, Name und ladungsfähige Anschrift von Speitel/Keller sei bekannt, will diese Angaben jedoch nicht veröffentlichen, weil „wir uns nicht nachsagen lassen wollen, wir hätten jemanden zum Abschuß frei gegeben - publizistisch und oder ballistisch - um damit zu vollenden, was das Bundeskriminalamt so schlau eingefädelt hat“. Im Detail schildert Konkret Speitels Weg aus der U–Haft am 1. September 1979 nach Brasilien und zurück. Ihre Informationen muß die Zeitschrift aus dem Inneren des BKA erhalten haben. Laut Konkret ist Speitel mit einem BKA–Mann zunächst über Luxemburg nach Tunis geflogen, um dort in einem Strandhotel den weiteren Weg Speitels zu besprechen. Danach lebte Speitel in Sao Paulo. 1981 traf er sich, begleitet von seinem Anwalt zu einem Stern–Interview in Genf. Einer der zwei ihn begleitenden BKA– Beamten war, so Konkret, Bugenhagen, der sich im Zusammenhang mit dem Schmücker–Prozeß des Verdachts erwehren mußte, er habe geheime Papiere aus dem BKA an Nachrichtenhändler Heigl verkauft. Die BKA–Leute sollen bei diesem Interview erstmals von Speitel abgehängt worden sein. Keller alias Speitel ging im Oktober 1984 in die BRD zurück. Das BKA verlor vorübergehend seine Spur. Speitels Auftauchen wird jetzt mit Sicherheit zu der Frage führen, ob der EX– RAFler wieder als Zeuge, diesmal womöglich der Verteidigung, in RAF–Prozessen zur Verfügung stehen wird. mtm