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Waffenstillstand im Lagerkrieg gebrochen

■ Nach wie vor versuchen zwei Gesandte einer iranischen Delegation in Rashidiyeh, die Blockade des Palästinenserlagers zu beenden / Verhandlungen in Damaskus erneut in einer Sackgasse / Außenminister der Arabischen Liga wollen Beobachter entsenden

Aus Beirut Nadia Ghadboul

Beirut (taz) - Hektische Bemühungen zur Beendigung des Lagerkrieges im Libanon beherrschen die politische Öffentlichkeit vor allem in der syrischen Hauptstadt Damaskus und am Sitz der arabischen Liga in Tunis. Doch auch in der Nacht zum Dienstag und in den Morgenstunden hallen die Einschlags–Explosionen schwerer Artillerie von den eingeschlossenen Palästinenserlagern und den südlichen Vororten über die libanesische Hauptstadt. Aus dem Süden des Landes, wo das Lager Rashidiyeh seit nunmehr vier Monaten einer absoluten Blockade durch die Milizen der Schiitenbewegung Amal unterliegt, wurden am Montag abend zum ersten Mal seit dem 14. Dezember wieder Gefechte gemeldet. Immer noch versuchen zwei Gesandte einer iranischen Delegation in Rashidiyeh die Voraussetzungen für eine Aufhebung der für die Bewohner des Lagers katastrophalen Blockade zu schaffen. Diese iranische Initiative sieht einen Waffenstillstand, die Öffnung des Lagers und den Rückzug palästinensischer Fedayyin aus dem strategisch wichtigen Bergdorf Maghdouche nahe der Hafenstadt Saida vor. Maghdouche wird inzwischen nur noch von Einheiten der al–Fatah des PLO–Chefs Arafat gehalten, nachdem die Volksfront zur Befreiung Palästinas ihre Kämpfer gemäß dem Waffenstillstandsabkommen zurückgezogen hat. Die al–Fatah will erst dann aus dem durch die Kämpfe der letzen Wochen völlig zerstörten Dorf abziehen, wenn Amal die Blockade gegen die Flüchtlingslager aufhebt. Die in Damaskus laufenden Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung, der Arafat–oppositionellen palästinensischen Rettungsfront und den sogenannten progressiven, patriotischen libanesischen Parteien um die iranische Friedensinitiative sind am Wochenende erneut in eine Sackgasse geraten. Aus Kreisen der palästinensischen Rettungsfront im südlibanesischen Saida hieß es, obwohl Arafat die Verhandlungen durch das Verharren seiner Truppen in Maghdouche behindere, lehne die Rettungsfront eine Verurteilung Arafats ab. Offenbar praktizieren die Palästinenser trotz aller gegenteiligen Erklärungen der Arafat–Kritiker die so lange beschworene Nationale Einheit in der Konfrontation mit ihren arabischen Gegnern. Unterdessen verschlimmert sich die Situation der Lagerbevölkerung drastisch. Bei einer von der PLO geforderten Sitzung der Außenminister der Arabischen Liga in Tunis wurde am Montag abend beschlossen, eine aus den Gesandten von sieben arabischen Ländern und dem Vorsitzenden der Liga bestehende Beobachtergruppe in den Libanon zu entsenden, die einen Waffenstillstand und die Aufhebung der Blockade kontrollieren soll. Weitere Details der Mission wurden bislang allerdings nicht bekannt. Unklar bleibt vor allem, wie Syrien sich dieser Initiative gegenüber verhalten wird. Eine von verschiedenen arabischen Staaten gestellte Truppe zum Schutz der palästinensischen Flüchtlingslager in Libanon, wie die PLO sie gefordert hatte, war bereits bei einem Liga–Treffen vor 14 Tagen mit der Begründung abgelehnt worden, ein solcher Beschluß der Arabischen Liga greife in die nationalen Angelegenheiten Libanons ein. In einer von der amerikanischen Nachrichtenagentur UPI verbreiteten Meldung erklärte unterdessen Amal–Chef Nabih Berri, nicht einmal ein Viertel des militärischen Potentials seiner Bewegung sei bislang zum Einsatz gekommen.

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