: Miese Lage für Bochums Studenten
■ Nur 18 Prozent nehmen BAföG in Anspruch / Die meisten müssen während des Semesters arbeiten oder bekommen Unterstützung ihrer Familie / Fast die Hälfte der Studierenden wohnt noch bei den Eltern
Bochum (taz) - „Zufriedene Studenten“, oder „Den Studenten geht es gut“, so wurde die vor wenigen Wochen veröffentlichte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes wohlwollend kommentiert. Für einen Großteil der 32.000 Studierenden der Bochumer Ruhr–Universität trifft das nicht zu. Den Studies an der Ruhr geht es immer noch schlechter als ihren Kommilitonen in anderen Regionen des Bundesgebietes.Während der Trend studierender Arbeiterkinder bundesweit rückläufig ist (mit 18 niedriger als 1982), kommen an der Ruhr–Uni immer noch 23 Studenten aus Einkommensschwachen Elternhäusern. Dem gegenüber steht die extrem hohe Förderung durch die Familie. 95 werden ganz oder teilweise durch die Eltern finanziert. Dabei wurden nur 18 ) nach dem BAföG gefördert, während es im Bundesdurchschnitt 27 von Eltern verantwortlich, deren geringes Einkommen zwar die Studienförderung zulasse, die aber davor zurückscheuten, daß ihre Kinder das Studium mit 40.000 Mark aus der Förderung auf Darlehensbasis abschließen müßten. Mit diesen Zahlen weicht Bochum deutlich vom Bundesdurchschnitt ab. Für den Geschäftsführer des Bochumer Studentenwerks liegt das am sogenannten „Mittelstandsloch“. Danach liegen beispielsweise ein Schichtarbeiter und seine Frau, die noch halbtags als Verkäuferin arbeitet über dem Elternfreibetrag, der sich seit Jahren nicht erhöht hat. Wenn diese Eltern ihr einziges Kind studieren lassen wollen, müssen sie zur Finanzierung selbst in die Tasche greifen. Überdurchschnittlich hoch ist deshalb die Zahl derer, die während ihres Studiums bei den Eltern wohnen bleiben - mit 48 22 Daraus resultieren wiederum extrem weite Anfahrtwege verbunden mit doppelt so hohen Ausgaben wie anderswo. Statistisch gesehen muß ein Student an der Ruhr– Uni 10 Mark mehr monatlich (873 DM) ausgeben als etwa seine Kollegin in München. 15.000 Bochumer Studenten sind gezwungen, während der Semester zu arbeiten. Um diese Situation nicht weiter zu verschärfen, weigerte sich das Akademische Förderungswerk der Revierstadt bislang, eine von der nordrhein–westfälischen Wissenschaftsministerin Anke Brunn geforderte Erhöhung des Preises für ein Mensaessen um zehn Pfennige weiterzugeben. Nicht etwa weil man die 100.000 DM nicht einsparen wolle, sondern weil erstmalig das Prinzip, die Studenten nicht an den Herstellungskosten ihres Essens zu beteiligen, gekippt werden sollte.
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