No future für den HTR

■ Atomflop soll den Sowjets angedreht werden

Die Geschäfte der deutschen Atomspalter stehen schlecht. Im eigenen Land läßt sich auf absehbare Zeit kein Atommeiler mehr verkaufen. Nicht etwa, weil Tschernobyl die Energiepolitik gewendet hätte, sondern weil sich schon jetzt riesige Überkapazitäten auftürmen und zudem der französische Atom– Nachbar mit Dumping–Preisen auf den deutschen Markt drängt. Was liegt also näher, als sich im Ausland umzusehen und den Segen westlicher Technik - Goebbels hin, Gorbatschow her - auch der Sowjetunion anzubieten. Für den Hochtemperatur–Reaktor ist das Ausland ohnehin die einzige Marktchance. In der BRD hat sich nämlich inzwischen herumgesprochen, daß der HTR den Druckwasserreaktoren wirtschaftlich deutlich unterlegen und als Stromerzeuger doppelt so teuer ist. Der letztes Jahr in Hamm–Uentrop in Betrieb gegangene HTR–300 ist denn auch kein Stromproduzent, sondern nur „Referenzanlage“. Er dient als Vorzeigeprojekt für die „weltweit führende“ deutsche Hochtemperatur–Reaktor–Technik. Wer sein Produkt im eigenen Land nicht wenigstens vorzeigen kann, wird es im Ausland schlecht verkaufen können. Im übrigen stimmt eines tatsächlich: Die BRD ist in der HTR–Technik weltweit führend - weil sie das einzige Land ist, das dieses Pleiteprojekt noch weiter verfolgt. Mit Entwicklung und Bau des deutschen HTR wurden Kapazitäten und Arbeitsplätze geschaffen und jene Eigendynamik entwickelt, die jetzt die verzweifelte Suche nach einem Markt für Nachfolgemodelle vorantreibt. Doch nach kritischer Betrachtung werden sich die Sowjets den HTR kaum andrehen lassen. Schon ein Blick in die Pannengeschichte des deutschen HTR müßte abschreckend genug sein. Das Getöse um ein angebliches deutsch–sowjetisches Atomgeschäft muß deshalb skeptisch betrachtet werden: als publizistische Vorwärtsverteidigung der no future–Generation in deutschen Atomzentralen. Manfred Kriener