: „Vergelts Gott, Franz–Josef!“
„Hans Engelhard soll Justizminister bleiben, Genscher Außenminister und ich Wirtschaftsminister. Wir haben keine zusätzlichen personellen Forderungen und auch keine Wünsche, die Ressorts anders aufzuteilen“, verkündete der FDP–Vorsitzende Martin Bangemann gestern auf die Frage nach den Koalitionsverhandlungen. Und er ergänzte: „Wenn jetzt einer von uns auftritt und nur für sich spricht, dann werde ich das sofort dementieren.“ Klar, daß sich nach dieser Drohung kein FDPler mehr irgendwelchen Spekulationen hingeben wollte. Vorher jedoch, zu Beginn der ersten Fraktionssitzung nach der Wahl war Jürgen Möllemann, Staatsminister im Auswärtigen Amt, recht ausgelassen. Auf die Frage der taz, ob er denn nun Innenminister werde, meinte er: „Ja, meine Güte, wer weiß? Ich fühle mich doch jetzt unheimlich wohl bei dem Erfolg.“ „Wir haben den Anteil unserer weiblichen Abgeordneten um fünfzig Prozent erhöht!“ rief Martin Bangemann auf eben dieser Sitzung. Begeistertes Klatschen. Nur einer meint leise: „Na ja, zu erst waren es vier, jetzt sind es sechs...“ Trotzdem: allgemeines Händeschütteln und Schulterklopfen. Die neugewählten Abgeordneten werden von den alten freudig begrüßt und ins Wichtigste eingeweiht: „Lufthansaflüge sind umsonst aber machen Sie Ihre Reisekostenabrechnung erst wenn Sie im Februar richtiger Abgeordneter sind.“ Auf der anschließenden Pressekonferenz berichtete Bangemann, er werde auf zügige Koalitionsverhandlungen drängen: „Ostern oder Pfingsten soll es nicht werden.“ Eine sechsköpfige Verhandlungskommission (Generalsekretär Helmut Haussmann, Fraktionsvorsitzender Wolfgang Mischnik, Fraktionsgeschäftsführer Torsten Wolfgram, Hans– Dietrich Genscher, Otto Graf Lambsdorff und er selbst) werde in den nächsten Tagen in die Koalitionsgespräche eintreten. Das Wahlergebnis habe gezeigt, daß die FDP wegen ihrer politischen Inhalte gewählt worden sei - das „Gerede“ von den Leihstimmen sei damit vom Tisch. Im Bereich der Erstwähler habe die FDP zugelegt (“Wir haben mehr Stimmen als die Grünen“). Außerdem habe es der CSU sehr geschadet, daß sie im Wahlkampf ihren Koalitionspartner so angegangen sei. Martin Bangemann ironisch: „Mein Freund Franz–Josef hat sich ja dazu sehr lichtvoll in der Fernsehrunde geäußert. Ich kann insgesamt zu seiner Wahlhilfe nur sagen: Vergelts Gott, Franz–Jo!sef“ Tina Stadlmayer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen