Dramatische US–Bilanz - jetzt Finanzministertreffen?

■ Volcker will Dollarverfall stoppen / Handelsdefizit v.a. mit Südostasien

Berlin (dpa/taz) - Im Zeichen der gerade veröffentlichten Daten zum US–Handelsdefizit und eines offenbar unaufhaltsamen Dollarsturzes werden Spekulationen über ein Treffen der Finanzminister der fünf führenden westlichen Industriestaaten immer dichter. Auch wenn die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens, Japans, der USA und der BRD inzwischen offiziell dementieren, bereits einen Termin zu einer solchen Zusammenkunft vereinbart zu haben - es wird in Finanzkreisen, auf die sich die Agenturen berufen, erwartet, daß die „G5“– Staatengruppe in Kürze einen gemeinsamen Versuch starten wird, wieder Ordnung in das Währungsgeschehen der drei beteiligten Wirtschaftsblöcke zu bringen. Ursprünglich war der 7. Februar als möglicher Termin genannt worden. US–Zentralbankchef Paul Volcker hat am Montag abend vor beiden Häusern des US–Parlaments ein eindringliches Plädoyer gegen einen weiteren Dollar–Verfall gehalten: „Die Wirtschaftsgeschichte ist voller Beispiele von Ländern, die so taten, als könnte eine Wertminderung der Währung allein andere Maßnahmen zur Rückgewinnung von ausgeglichenen und wettbewerbsfähigen Volkswirtschaften ersetzen.“ Die Devisen–Spekulanten kümmerten sich indes nicht um Volckers Worte, wissen sie doch, daß US– Finanzminister Baker einem weiteren Verfall des Dollarkurses das Wort redet, um US–Waren auf dem Weltmarkt preiswerter anbieten zu können. An der Wettbewerbsfähigkeit mangelt es der US–Industrie ganz offensichtlich. Die neuesten Daten zur US–Handelsbilanz, die der Kongreß–Debatte in Washington jetzt zugrundeliegen, sind erschreckend: Für 387 Milliarden Dollar haben die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr importiert, dagegen nur für 217 Milliarden exportiert. Das Defizit hat sich damit seit 1982 auf 169,8 Milliarden Dollar vervierfacht. Das größte Handelsdefizit besteht gegenüber Japan. Die BRD steht hinter Kanada und Taiwan auf Platz vier. Auf die folgenden Plätze haben sich eine ganze Reihe von Dritte–Welt–Ländern vorgeschoben, insbesondere südostasiatische. Ihr Handelsvorteil: Im Gegensatz zu den Währungen der EG und Japans ist der Dollar zu denjenigen dieser Länder nicht abgewertet worden; sie sind an den Dollar gekoppelt. In Taipeh, Hongkong und Seoul ist der Dollar noch genauso teuer wie vor einem guten Jahr, sie können also noch genauso preisgünstig wie damals in den USA anbieten. Das Hamburger HWWA–Wirtschaftsforschungsinstitut hat jetzt errechnet, daß unter Einbeziehung dieser immer wichtiger werdenden Handelspartner der USA der Dollar seit 1985 nur um 4 Prozent im Wert verloren habe. Der US–Handel mit Taiwan, Südkorea, Hongkong, Mexiko, Brasilien und Indonesien erbringt daher allein ein Defizit von 40,6 Milliarden Dollar. Die Statistiken ergeben, daß die US–Wirtschaft vor allem auch bei Produkten ins Hintertreffen geraten ist, bei denen sie noch vor Jahren als unschlagbar galt: z.B. bei High Tech, aber auch im Agrarbereich. Einfuhren von Fernmeldeeinrichtungen erhöhten sich seit 1982 von 9,3 auf 21,2 Milliarden Dollar (die Exporte nur von 3,8 auf 4,4 Milliarden), bei Computern und Büromaschinen stiegen die Importe von 4,4 auf 15,5 Milliarden Dollar (Exp.: 10,2 auf 15,5 Mrd.). Vor der Agrarhandelsbilanz steht zwar noch ein Plus, sie verringerte sich jedoch von 19,6 auf 2,9 Milliarden Dollar. Ulli Kulke