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Investitionen gegen Südafrika

■ Frontstaaten bemühen sich um Investitionen aus USA und Europa / Aus Gaberone Hans Brandt

Von Donnerstag bis Samstag versuchten die Repräsentanten der neun in der Wirtschaftsgemeinschaft SADCC zusammengeschlossenen Frontstaaten ihre Gesprächspartner aus den westlichen Industrieländern zu mehr Engagement in der Region zu bewegen. Hatten sich die SADCC–Staaten in den Jahren seit der Gründung der Organisation 1979 auf den Ausbau der Infrastruktur konzentriert, stand das diesjährige Treffen in Botswanas Hauptstadt Gaberone ganz im Zeichen der Stärkung der Wirtschaftskraft. ANC–Generalsekreär Nzo zeigt Verständnis für die Situation der Frontstaaten.

„Pula!“ riefen sich wohl die Händler von Gaberone am Samstag zu - ein etwas zweideutiger Ausruf. Mit dem Setswana–Wort für „Regen“ wünschen die Menschen von Botswana einander nicht nur „Segen“. „Pula“ heißt auch die Währung des Landes. Tatsächlich ergoß sich über die Geschäfte Gaberones ein „Pula“–bringender Strom hochrangiger Kunden. Sie alle wollten vor ihrer Abreise vom Jahrestreffen der „Konferenz zur Koordinierung der Entwicklung des südlichen Afrikas“ (SADCC - sprich „Szadek“) schnell noch einige Einkäufe tätigen. Auf der Wunschliste standen einfache Dinge wie Zahnpasta und Seife, aber auch Whisky und Wein, Ersatzteile für Autos und selbst Transistorradios - allesamt aus Südafrika importiert. Es wurde sogar gelästert, daß die Delegationen aus Angola und Mosambik absichtlich im billigsten Hotel am Ort wohnten, um Spesen für ihre Einkäufe zu sparen. Aber damit nicht genug. Die Limousinen deutscher und japanischer Herkunft waren in Südafrika gemietet. Und die Konferenz fand im „Gaborone Sun Hotel“ statt, ein kleiner Bruder jenes Symbols weißer Überschwenglichkeit im Apartheid–Staat, „Sun City“. Dem dunklen Schatten Südafrikas kann in dieser Region niemand entkommen. Gerade die größtmögliche wirtschaftliche Abkopplung von Südafrika ist jedoch das Ziel der neun in der SADCC organisierten Länder (Angola, Botswana, Lesotho, Malawi, Mosambik, Sambia, Zimbabwe, Swasiland, Tansania). Als Gegenpol zu Südafrika hat SADCC in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Das war ein Grund dafür, daß Washington in diesem Jahr mit Peter McPherson einen besonders hochrangigen Vetreter nach Gaberone zu den Konsultationen der SADCC–Länder mit ihren Entwicklungspartnern entsandte. Auf spektakuläre Weise sollten neue politische Akzente gesetzt, sollten deutliche Signale nach Pretoria geschickt werden. Mit großem Trara kündigte McPherson, Leiter der „US Agentur für Internationale Entwicklung“ (USAID), eine „neue Initia tive im südlichen Afrika“ an. In den nächsten 18 Monaten würden die USA zusätzlich 93 Mio. Dollar zur Verfügung stellen. Dies sei eine Ergänzung der jährlich etwa 175–200 Mio. Dollar an Lebensmittel– und Entwicklungshilfe in dieser Region. Bislang erhielt SADCC von den USA lediglich 14,9 Mio. Dollar. Während SADCC–Vertreter noch im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der US–Unterstützung für Unita–Rebellen in Angola die USA als „Verbündeten Südafrikas“ verurteilt hatten, ging man diesmal höflicher miteinander um. Dafür haben nicht zuletzt US– Sanktionen gegen das Apartheidregime gesorgt. Dennoch war niemand wirklich von der neuen US– Initiative beeindruckt. Denn McPherson betonte vor der Presse, daß die 93 Mio. Dollar, die ohnehin erst noch vom Kongress bewilligt werden müssen, vorwiegend für bilaterale Projekte nach Wahl der USA ausgegeben werden sollten. Damit lassen sich die unliebsamen Länder ausschalten: das linke Angola, wo US–Geld nicht an das Land, sondern an die Unita–Rebellen geht; das aufmüpfige Zimbabwe, das sich zu anti–amerikanisch gibt; und Tansania, das in seinen Schuldrückzahlungen mehr als 12 Monate im Verzug ist. Inoffiziell sprachen Vertreter einzelner Länder von dem Versuch, SADCC zu spalten. McPherson machte zudem deutlich, daß die USA gerne das rechte Zaire als Mitglied von SADCC sehen würden - was die SADCC–Länder jedoch wiederholt abgelehnt haben. Auch Umfang der Mittel der US–Initiative ist nicht gerade beeindruckend. Allein Schweden gibt in dieser Region 1986/87 etwa 280 Mio. Dollar aus. Zusammen haben die skandinavischen Länder, die besonders eng mit SADCC zusammenarbeiten, für die nächsten vier Jahre eine Unterstützung von ca. 750 Mio. Dollar pro Jahr vorgesehen. Die politischen Vorbedingungen Skandinaviens sind dabei viel weniger streng als im Fall der USA. Doch selbst wenn die skandinavischen Länder einigermaßen glaubwürdig moralische Positionen im südlichen Afrika beziehen können, - auch sie möchten gute Voraussetzungen für das Engagement skandinavischer Konzerne schaffen. So begrüßten auch sie das Motto der diesjährigen Konferenz: „Investition in die Produktion“. Bisher lagen die Schwerpunkte der SADCC–Aktivitäten in der Verbesserung von Transport–, Kommunikations– und Stromnetzen. Das bleibt auch weiter so. Doch „was sollen die Eisenbahnen transportieren, wer soll den Strom verbrauchen?“, fragte ein SADCC–Vertreter. Zur weiteren Entwicklung der Region soll nun die Produktion angekurbelt werden. Zu diesem Zweck wurden mehr als 200 Geschäftsleute zu einem parallel veranstalteten Seminar eingeladen: ein überraschendes Novum in einer Region, in der Privatinvestitionen traditionell mit Argwohn betrachtet werden. Die Manager beschwerten sich über zahlreiche Faktoren, die In vestitionen in der Region erschwerten: Devisen– und Kreditknappheit, Transportprobleme, Protektionismus, Bürokratie, Preiskontrollen, weitverbreitete Nationalisierung von Betrieben, allgemeine politische und wirtschaftliche Unsicherheit. Das soll sich nun ändern. Koordiniert durch SADCC sollen in allen Ländern Barrieren abgebaut, das Investitionsklima verbessert und der Handel innerhalb der Region erleichtert werden. Gleichzeitig betonen SADCC–Vertreter, daß sie aus der kolonialen Vergangenheit gelernt haben und eine erneute Ausbeutung durch die Multis vermeiden werden. Als Teil dieser Initiative sollen außerdem Firmen, die sich aus Südafrika zurückziehen, dazu bewegt werden, sich stattdessen in SADCC–Ländern anzusiedeln. Südafrikanische Firmen bereiten dabei jedoch ein besonderes Problem. Seit der Verhängung von Sanktionen haben immer mehr südafrikanische Konzerne vorzugsweise in Swasiland und Botswana Niederlassungen gegründet, um Sanktionen zu umgehen. Deshalb kündigte Zimbabwe letzte Woche an, daß es die Aktivitäten von südafrikanischen Firmen in Botswana genau beobachten werde. Das trägt zu den ohnehin schon bestehenden Spannungen zwischen dem von Südafrika extrem abhängigen Botswana und den radikaleren SADCC–Staaten bei. Die Diskussion über mögliche Sanktionen gegen Südafrika ist zwar in den SADCC–Ländern noch nicht abgeschlossen, der Vizepräsident von Botswana, Peter Mmusi, betonte jedoch letzte Woche, daß sein Land keine Sanktionen gegen Pretoria verhängen würde. Ursprünglich sollten schon im November letzten Jahres Sanktionen verhängt werden. Doch das scheint immer unwahrscheinlicher. Die SADCC–Länder können sich Sanktionen nicht leisten. Vor allem die Staaten Zimbabwe und Sambia sind durch militärische Aktionen Südafrikas gefährdet. „Die Verantwortung, gegen die Apartheid vorzugehen, lag immer schon vorwiegend bei denjenigen außerhalb dieser Region, die weniger verwundbar sind“, sagte denn auch Shridath Ramphal, Generalsekretär des Commonwealth, am Donnerstag. „Der Zeitpunkt für Sanktionen der Frontlinienstaaten muß den Faktor der Abhängigkeit (von Südafrika) berücksichtigen.“

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