Afrika gründet seine eigene OPEC

■ „African Petroleum Producers Association“ / Acht Prozent der gegenwärtigen Weltproduktion / Bewährungsprobe afro–arabischer Zusammenarbeit

Von Knut Petersen

Acht afrikanische Erdölproduzenten haben sich Ende Januar in der nigerianischen Hauptstadt Lagos zur „African Petroleum Producers Association“ (APPA) zusammengeschlossen und folgen damit dem Vorbild regionaler Zusammenschlüsse in Lateinamerika (OLADE), Süd–Ost–Asien (ASCOPE) und im arabischen Raum (OAPEC). Angola, Benin, Kamerun und Kongo wollen fortan im Rahmen dieses „kontinentalen Forums“ mit den vier afrikanischen OPEC–Ländern Algerien, Libyen, Gabun und Nigeria zusammenarbeiten, ein Vorhaben, von dem bereits seit über zwei Jahren die Rede war, das aber auf Mißtrauen vor allem von seiten Saudi–Arabiens gestoßen ist. Das Argument, der APPA–Verbund könne zum trojanischen Pferd für die Einheit des OPEC–Kartells werden, hat freilich wenig Überzeugungskraft angesichts bereits existierender regionaler Zusammenschlüsse. Die Befürchtungen der Anrainerstaaten des arabischen Golfs gelten denn wohl auch eher einer möglichen Relativierung ihrer Vorherrschaft innerhalb der OPEC, insofern der Block der afrikanischen Erdölproduzenten fortan mehr Gewicht beanspruchen könnte. Der panafrikanische Anfang in Lagos war freilich eher beschwerlich. Lediglich fünf der acht Gründerstaaten haben bislang auch die Statuten des neuen Zusammenschlusses paraphiert. Kamerun, Kongo und Gabun behalten sich ihre endgültige Entscheidung vor, und die etwas enttäuschten nigerianischen Gastgeber trösteten sich mit der historischen Reminiszenz, daß schließlich auch die OPEC nur von fünf Staaten aus der Taufe gehoben wurde. ein etwas bemühter Vergleich, zumal die APPA–Mitglieder politisch kei Delegation nur als Beobachter nach Lagos gekommen war. Bis zum offiziellen Beitrittsgesuch Kairos wurde das Problem zunächst vertagt, aber die vom libyschen Ölminister Fawzi Shakshuki entzündete Querele ist vor al lem in den Reihen der schwarzafrikanischen Delegation auf wenig Verständnis gestoßen. Auf dem Papier ist schnell resümiert, was mit dem kontinentalen Zusammenschluß auf dem Spiele steht: eine Tagesproduktion von rund 5 RPT Millionen Barrel (BPD), d.h. 97 Prozent der afrikanischen Erdölproduktion und knapp acht Prozent der gegenwärtigen Weltproduktion. Die vier afrikanischen OPEC–Länder, die nun zugleich APPA–Mitglieder sind, stehen ihrerseits allein für drei Millionen BPD, was angesichts der im vergangenen Dezember in Genf festgelegten Quota 19 Prozent der gesamten OPEC–Pro duktion entspricht. Bleibt die Frage, welches Gewicht diese Zahlen einer Organisation verleihen, deren panafrikanischer Anspruch naturgemäß eine Vielzahl auf den ersten Blick unvereinbarer Situationen umgreift: Das 100–Millionen Land Nigeria, Afrikas größter Erdölproduzent, steht ganz offensichtlich vor anderen Entscheidungen als der beninische Nachbar, dessen einziges off–shore–Ölfeld in Seme bestenfalls 20.000 BPD produziert - und derzeit erheblich weniger, weil man sich aus Unerfahrenheit mit unseriösen Partnern eingelassen hat. Im gleichen Sinne steht das vom Bürgerkrieg zerrissene Angola vor ganz anderen Problemen als etwa Ägypten, dessen rasch wachsende Bevölkerung mittlerweile bereits zwei Drittel der Erdölproduktion des Landes konsumiert, während Libyens derzeitiges OPEC–Limit von 948.000 BPD dem Land noch ein halbes Jahrhundert Erdöleinnahmen verheißt. Die in den Statuten festgeschriebenen Ziele des APPA–Zusammenschlusses sind denn auch hinreichend vage, um für alle Beteiligten zur spanischen Herberge zu werden, in der bekanntlich jeder wiederfindet, was er selbst dort hingebracht hat. Von der Erdölsuche bis zur petro–chemischen Industrie soll auf allen Ebenen künftig zusammengearbeitet werden, um „Afrikas begrenzte Ressourcen zu schonen“. Andere, wie z.B. Kongos Erdölminister Rudolphe Adada, hoffen zudem auf einheitliche Positionen gegenüber den Erdölmultis, die „bislang aus unserer Zersplitterung Profit geschlagen haben“. Algerien und Nigeria, die beiden Pfeiler der neuen Organisation, orientieren sich dagegen eher an möglichst weitgreifender „Interessensgemeinschaft“, die längerfristig sogar die Erdöl–importierenden Länder Afrikas einschließen soll, denen bereits in Lagos „praktizierte Solidarität“ versprochen wurde. Man wird sehen, was von den Zielen und Versprechungen im Alltag der neuen Institution überleben wird. Vorläufig will man - auch aus Kostengründen - auf einen eigenständigen Verwaltungsapparat verzichten. Der zweimal jährlich zusammentretende Ministerrat der APPA soll zunächst die nötigen Impulse für konkrete Zusammenarbeit geben. Die Formulierung konzertierter Aktionsprogramme und die Einrichtung eines Beistands– und Entwicklungsfonds stehen auf der Tagesordnung der kommenden Ministerrunde im Juli in Algerien, dessen Ölminister Bel–Kacem Nabi zum ersten Präsidenten der APPA gewählt wurde. Eine Wahl, die nach der Gründung der Organisation in Nigeria deutlich unterstreicht, daß sich die Erdölproduzenten Afrikas heute um die Achse Lagos–Algier gruppieren: Die Zukunft des panafrikanischen Verbunds wird damit auch Schlüsse zulassen über die realpolitischen Chancen afro–arabischer Zusammenarbeit. Buchtip