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Kriegsstimmung nach Waffenstillstand

■ Auf den Philippinen bereiten sich Militär und Guerilla auf die Wiederaufnahme der Kämpfe vor / Rebellen lehnen regionale Friedensverhandlungen ab und bilden Schattenregierung / Soldaten verüben Massaker an Bauern / BIs drängen auf Wiederaufnahme der Gespräche

Manila (taz/ap/afp) - Gut eine Woche nach dem Auslaufen des 60–tägigen Waffenstillstandes zwischen der Regierungsarmee und der linken New Peoples Army Guerilla nehmen auf den Philippinen militärische Auseinandersetzungen und politische Morde wieder spürbar zu. Vergangene Woche verübten Soldaten ein Massaker an zwölf Zivilisten in Nordluzon. Kurz nachdem ein Offizier in einen Hinterhalt der Guerilla gelockt worden war, trieben die Soldaten in dem Dorf Lupao eine Bauernfamilie in eine Hütte, befahlen ihnen, sich auf den Boden zu setzen und schossen auf Männer, Frauen und Kinder. Anschließend steckten sie das Haus in Brand. Überlebende, die sich retten konnten, erklärten, keines der Opfer sei Mitglied der Guerilla gewesen. Ebenfalls in der vergangenen Woche wurde ein hoher Vertreter der Guerillafrontorganisation NDF auf der Insel Cebu im Schlaf erschossen. Während das Militär behauptet, Jovito Plaza sei Opfer eines Fememordes geworden, erklärte einer seiner Begleiter, der in letzter Minute flüchten konnte, Soldaten seien für die Tat verantwortlich. Plaza hatte auf Cebu die lokalen Friedensbemühungen für die Rebellen geleitet. Auf der Insel Negros wurde eine von der Deutschen Welthungerhilfe finanzierte Lieferung mit Hilfsgütern vom Militär blockiert, unter dem Vorwand, die Nahrungsmittel „könnten den Rebellen in die Hände fallen“. Aus vielen Provinzen wurde in den vergangenen Tagen verstärkte Militärpräsenz beobachtet, zusätzliche Einheiten wurden in die als kritisch eingestuften Gebiete entsandt. Amerikanischen Presseberichten zufolge sollen demnächst von dem erzreaktionären US–General Singlaub angeworbene Vietnamveteranen philippinische Soldaten mit „unkonventionellen Kampftechniken“ vertraut machen. Unterdessen reist der Unterhändler der Regierung Aquino für die Friedensverhandlungen, Teofisto Guingona, durch verschiedene Provinzen, um Bürgermeister und Lokalverwaltungen für seine Idee des örtlich begrenzten Dialogs mit der Guerilla einzunehmen. Von Seiten der NPA hat jedoch bisher nur eine einzige Regionalvertretung Gesprächsbereitschaft signalisiert. Während NDF–Sprecher auf Negros erklärten, sie würden sich notfalls auch über die Beschlüsse der nationalen Führung der Organisation hinwegsetzen, wiesen die NDF–Vertretungen von Mindanao, Bicol, Samar und Südtagalog regionale Gespräche zurück. So erklärte zum Beispiel NDF– Führer Jefferson Tugawin aus Nordluzon gegenüber der Wochenzeitung Midday: „Die Propaganda des Militärs zur regionalen Feuerpause will nur Zwietracht in den Reihen der NDF sähen. Wenn es zu Feuerpausen in einigen Gebieten käme, bräuchte die Armee ihre Einheiten nur dort abzuziehen, und sie woanders zu stationieren.“ Die NDF–Frauenorganisation erklärte: „Aquino hat sich für Bürgerkrieg entschieden, um die Unfähigkeit ihrer Regierung bei der Durchsetzung von Reformen zu vertuschen. Die Regierung wird den Tag bereuen, an dem sie diesen Krieg erklärt hat.“ Während verschiedene politische Gruppen und Bürgerinitiativen wie z.B. die „Coalition for Peace“ sowohl Regierung als auch NDF aufforderten, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, enthüllten Guerillasprecher am Wochenende ihre neue politische Strategie. Tugawin: „Wir werden provisorische Regierungen auf Provinzebene formen“. Die erste derartige Schattenregierung wird nach Rebellenangaben auf der Insel Mindanao entstehen, die in der vergangenen Woche einen mehrtägigen Untergrundkongreß abhielt. Ka Victor, stellvertretender Vorsitzender des auch Inselrat genannten Gremiums, für Mindanao: „Wir werden mit der Regierung Aquino wetteifern und später, falls wir gewinnen, werden wir dieses Regime durch eine Regierung von Bauern und Landarbeitern ersetzen, die heute nicht vertreten sind. Militär schwört Verfassungseid In Anwesenheit des philippinischen Generalstabschefs General Fidel Ramos haben am Montag in einer Garnison in Manila über 1.000 Soldaten geschworen, die neue philippinische Verfassung zu achten und zu verteidigen. Die Zeremonie sollte im Laufe des Tages in Garnisonen der Streitkräfte im ganzen Land wiederholt werden und demonstrieren, daß das Militär sondern künftig auch loyal zur Regierung der Präsidentin Corazon Aquino stehen will.

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