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I N T E R V I E W Abkommen nur noch 1987 möglich

■ Der ostpolitische Experte der SPD, Egon Bahr, äußerte sich gegenüber der sowjetischen Pressseagentur Nowosti in Moskau zu den Chancen eines Abrüstungsabkommens

Wie schätzen Sie die Chancen von Abrüstungsverhandlungen ein? Bahr: Es war eine verpaßte Gelegenheit, was den Teststopp angeht. Man muß jetzt damit rechnen, daß die Sowjetunion eben ihre Serie auch anfängt. Manchmal möchte man fast verzweifeln; aber das ist das einzige, was man nicht tun darf. Ich habe, nachdem ich aus Washington zurückgekommen bin, fast den sicheren Eindruck, daß wir es dort mit einer Regierung zu tun haben, die schon auf Abruf arbeitet. Ich glaube, daß alles, was nicht bis zum September oder Oktober diesen Jahres erreicht wird, liegenbleiben wird, denn jedes Abkommen müßte vom Kongreß ratifiziert werden. Der aber macht das im Wahlkampfjahr 1988 nicht mehr. Das heißt, was bis oktober nicht geschieht, geschieht nicht, bis die neue Regierung eingearbeitet ist, also nicht vor Ende 1989. Aber die Rüstung wird weitergehen. Deshalb lohnt es, große Anstrengungen zu unternehmen, um noch in diesem Jahr zu einer Vereinbarung zu kommen, selbst wenn es nur eine Teilvereinbarung ist. Das bedeutet, daß man versuchen sollte, die Mittelstreckenproblematik von den Fragen der strategischen Bewaffnung zu lösen. Ich sehe nicht ein, warum Europa unter der augenblicklichen Unfähigkeit der beiden Supermächte leiden soll, sich über die strategischen Fragen zu einigen. Weinberger hat angedeutet, daß man doch recht bald die ersten Elemente von SDI stationieren könnte. Das werden die Amerikaner selbst entscheiden, aber es wird im Kongreß mit seiner demokratischen Mehrheit sehr viel Widerstand geben. Selbst wenn es geschehen sollte, wären es noch keine Vollsysteme. Was die jetzige Regierung will, ist Tatsachen zu schaffen, die die nächste Regierung binden. Ich glaube nicht, daß ihr das gelingen wird. Für mich ist noch immer denkbar, daß SDI stirbt, wenn dieser Präsident das Weiße Haus verläßt

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