In Rom kreist der Atom–Bumerang

■ Atomlobby im Parlament berief Konferenz mit einseitiger Besetzung, um Atomgegner zu widerlegen / Boykott der Sozialisten, Umweltschützer und einzelner Industrieller

Aus Rom Werner Raith

Die für diese Woche ausgelobte „Energiekonferenz“ in Rom ist nach Ansicht des italienischen Ministerpräsidenten Craxi „gescheitert, ehe sie beginnt“. Für die Koordinatoren des geplanten Referendums zum Ausstieg aus der Nuklearenergie wird sie „zum Bumerang für alle Atomkraft–Befürworter“. Grund dafür: Atomfreundliche Parlamentarier haben sich für besonders clever gehalten, als sie die Konferenz als Antwort auf die von Grünen, Umweltschutzverbänden und einigen kleinen Parteien durchgesetzten Volksabstimmungen einberiefen. Da sollten berühmte Wissenschaftler Kernkraftgegner widerlegen und die 100prozentige Gefahrlosigkeit der strahlenden Meiler einsichtig machen. Unter 35 geladenen Experten waren gerade fünf Personen, die „eine kritische Distanz zur Atomkraft“ haben. Italiens Kernkraftgegner haben die Konsequenz aus der einseitigen Auswahl der „Experten“ fürs Hearing gezogen und blieben der Jubel–Veranstaltung fern. Auch die Sozialisten reagierten distanziert: Ministerpräsident Craxi weigert sich, das Großereignis feierlich zu eröffnen. Gewichtige Unterstützung der Nukleargegner ist mittlerweile zum Mißvergnügen der Industriellen auch aus deren Reihen angekommen - Olivetti–Chef De Benedetti hat sich ausdrücklich zum „Umweltschützer“ erklärt und seinen Kampf gegen Atomanlagen angekündigt. Lange Zeit sah es so aus, als würde die Konferenz platzen. Doch stets, wenn die Industrie in Not ist, kann diese auf die Kommunisten zählen. Zum Entsetzen von Basis und Parteilinken beschloß die Fraktion, am Hearing teilzunehmen. Die Konferenz, so warnt mittlerweile auch die atomfreundliche Energiebehörde ENEA, „wird nun vor allem die Widersprüche der Befürworter untereinander zeigen - mit verheerender Wirkung für die Sache“.