Vatikanbank–Chefs hinter Gitter?

■ Haftbefehle gegen drei Leiter der Vatikanbank IOR / Die Vollstreckung der Haftbefehle ist noch ungewiß

Aus Rom Werner Raith

Die mit der Untersuchung des betrügerischen Bankrotts der Mailänder „Banco Ambrosiano“ beauftragte Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen die gesamte Führungsspitze der Vatikan–Bank „Instituto per le opere di religione“ (IOR) erlassen. Die nur für Katholiken offene Banco Ambrosiano (Kunden mußten ein Taufzeugnis und Aktivitätsnachweise des zuständigen Priesters vorweisen) war Anfang der achtziger Jahre im Zusammenhang mit dem Skandal um die kriminelle Geheimloge „Propaganda 2“ (P 2) zusammengebrochen und hatte ein Defizit von einer Milliarde Dollar hinterlassen. Bankchef Roberto Calvi, Mitglied der Geheimloge P 2, wurde erhängt unter einer Londoner Brücke aufgefunden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, daß die IOR– Bank an undurchsichtigen Geschäften Calvis mit mehreren seiner vielen Briefkastenfirmen beteiligt war. Erzbischof Paul Marcinkus, Leiter des IOR, wurde von Papst Johannes Paul II. jedoch trotz der massiven Vorwürfe und der immer deutlicheren Verwicklungen in illegale Geschäfte nicht abgesetzt. Nach Ermittlungen der italienischen Behörden hat das auch einen handfesten Grund: Der polenstämmige, aus Cicero in Illinois/USA gebürtige Marcinkus soll über Roberto Calvi die polnische Gewerkschaft mit großen Geldspenden unterstützt haben - ein Prokurist der Banco Ambrosiano führt jedenfalls ein Loch von 40 Millionen Dollar auf diese Zuwendungen an Solidarnosc zurück. Ob die Haftbefehle gegen die IOR–Leiter Marcinkus, Mennini und IOR–Leiter Marcinkus, Mennini und De Strobel vollstreckt werden können, ist noch unklar. Die beiden letzten sind ausländische Staatsangehörige in Vatikan– Diensten. Marcinkus, unter Papst Paul VI. zum Leibwächter und dann immer weiter in der Hierarchie aufgestiegen, genießt derzeit als päpstlicher Minister diplomatische Immunität. Ein Auslieferungsersuchen für ihn soll mittlerweile auf dem Weg über die italienische Botschaft beim Vatikan zugestellt worden sein. Marcinkus selbst erklärte gegenüber der Presse, bisher „noch nichts erhalten“ zu haben.