: Ultimative Forderungen der schwarzen Bergarbeiter in Südafrika
■ NUM–Gewerkschaftskongreß will 55 Prozent mehr Lohn und Abschaffung der Wanderarbeit / Abgrenzung von „Black Consciousness“, die mit Weißen nicht zusammenarbeitet
Aus Johannesburg Hans Brandt
Wachsende Militanz und deutlicheres politisches Engagement kennzeichneten den am Sonntag mit einer Schlußkundgebung in Soweto beendeten fünften Jahreskongreß der größten südafrikanischen Einzelgewerkschaft, der 360.000 Mitglieder zählenden schwarzen Bergarbeitergewerkschaft NUM. In der am Montag veröffentlichten Resolution des Kongresses fordern die Gewerkschafter in den diesjährigen Tarifverhandlungen eine allgemeine Lohnerhöhung von 55 Prozent. „Die Bergbauindustrie hat in den letzten fünf Jahren enorme Profite gemacht,“ erklärte dazu der wiedergewählte NUM–Generalsekretär Cyril Ramaphosa. Er wollte jedoch nicht sagen, ob bei den Tarifverhandlungen ein ähnlicher Ablauf wie im Vorjahr zu erwarten sei, als die NUM anfangs 45 Prozent gefordert hatte, sich letztendlich aber mit einer 23,5–prozentigen Erhöhung zufrieden gab. Ultimativ forderte die Gewerkschaft die Abschaffung des verhaßten Systems der Wanderarbeit und der Unterbringung von Bergarbeitern in nach Stämmen getrennten, überfüllten Wohnheimen. Die NUM forderte von den Arbeitgebern bis zum 30. März eine Absichtserklärung zur Abschaffung dieses Systems. Andernfalls drohen die Kumpel mit Streik. In der Übergangszeit bis zur Abschaffung der Wohnheime soll die Kontrolle über die Heime von den Bergarbeiten selbst übernommen werden. Zur politischen Ausrichtung der NUM betonte der Kongreß erneut das Ziel einer „demokratischen, sozialistischen, von der Arbeiterklasse kontrollierten Gesellschaft“, die in Zusammenarbeit mit ANC und UDF durchgesetzt werden soll. Gleichzeitig grenzte sich die Gewerkschaft deutlich von Gruppen der „Black Consciousness“ (“Schwarzes Bewußtsein“) ab. Diese Gruppen werden nicht mehr als „progressive Organisationen“ betrachtet. Die Gewerkschaft forderte auch die Aufhebung des seit mehr als neun Monaten gültigen Ausnahmezustandes. Sollte dies nicht geschehen, so drohen die Kumpel mit „Aktionen“ an einem bisher geheim gehaltenen Tag. Inzwischen werden sich alle Bergarbeiter weigern, Steuern an die „undemokratische, unmoralische Regierung“ zu zahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen