: AIDS: Auch Firmen wollen testen
■ Gauweiler: AIDS–Tests auch in privaten Unternehmen einführen / Baden–württembergische Ministerin droht bei Einführung der „Gauweiler–Linie“ mit Rücktritt / Grüne fordern Anti–Diskriminierungsgesetz
München/Stuttgart (dpa/taz) - Privatunternehmen werden dem Beispiel des öffentlichen Dienstes folgen und einen HIV–Antikörpertes Firmen mit Infizierten umgehen sollten. Ein positiver HIV–Test allein sei aber, von ganz wenigen Berufsgruppen abgesehen, kein Grund, einem Bewerber den Ein tritt in den Öffentlichen Dienst zu verweigern. „Schwieriger“ werde es schon mit der Verbeamtung auf Lebenszeit. Eindruck machte Gauweiler bei Parteifreunden auch mit der Wiederholung seiner Angriffe auf politische Verantwortliche in Berlin und Hamburg, wo infizierte Prostituierte nicht mit einem Tätigkeitsverbot belegt würden. In Hamburg seien den Behörden allein elf infizierte Prostituierte bekannt, die „nach vorsichtigen Schätzungen“ in den letzten Monaten rund dreihundert Männer angesteckt haben könnten. Mit der Bekanntmachung der Ausführungsbestimmungen der von der bayerischen Regierung beschlossenen Maßnahmen will die CSU, so Gauweiler, warten, bis die Fraktion am 28. April eine große Expertenanhörung abgeschlossen hat. Der Stadtrat der Münchener Grünen, Gerd Wolter, hat inzwischen Strafanzeige gegen Gauweiler wegen „Volksverhetzung“ gestellt. Die Kampagne Gauweilers erwecke den Eindruck, daß man nur gegen Stricher, Homosexuelle, Strafgefangene, Ausländer und Drogenabhängige vorgehen müsse, um zu verhindern, daß das Virus in „die Bevölkerung einsickert“. Vor einer „Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas“ warnt auch die baden–württembergische Gesundheits– und Sozialministerin Barbara Schäfer, die „himmlischen Schutz vor den Gauweilern“ erflehte. Seit der Ankündigung der Zwangsmaßnahmen in Bayern seien in dem Nachbarland Baden–Württemberg allein beim Gesundheitsamt Ulm 20 Prozent mehr Ratsuchende festgestellt worden. Auch innerhalb der Landesregierung in Stuttgart haben sich die Auseinandersetzungen verschärft. Barbara Schäfer bot mittlerweile ihren Rücktritt an, sollten in Baden–Württemberg bayerische Maßnahmen nachvollzogen werden. Volksliedfreund und Kultusminister Mayer–Vorfelder, lautstarker Wortführer der württembergischen Gauweiler– Linie, forderte bereits verschärfte Kontrollen bei Risikogruppen. Die Bedrohung, so der Rechtsausleger in der Späth–Regierung, sei so groß, daß wenigstens das Seuchengesetz Anwendung finden müßte. Die baden–württembergischen Grünen forderten dagegen ein Antidiskriminierungsgesetz für AIDS–Kranke und HIV–Infizierte. Ein kleiner Landesparteitag am Samstag in Singen sprach sich mit großer Mehrheit dafür aus. Danach sollen diese Menschen vor Kündigungen im Arbeits– und Mietbereich geschützt werden. Ein HIV–Test bei Einstellungsuntersuchungen dürfe nicht erlaubt werden, betonten die Südwest–Grünen. Siehe auch Kommentar
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen