: P O R T R A I T Schulterschluß von BKA und Verfassungsschutz
■ Mit Gerhard Boeden - dem ehemaligen Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes - als neuem Chef des Verfassungsschutzes sorgt Innenminister Zimmermann für die personelle Ergänzung der zukünftigen Zusammenarbeitsrichtlinien zwischen den einzelnen „Sicherheitsdiensten“
Von Jürgen Gottschlich
Berlin (taz) - Mit Gerhard Boeden, so seine offiziellen Biographen aus dem Innenministerium, wird ein Mann Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der über alle Parteigrenzen hinaus als „erstklassiger Sicherheitsfachmann“ anerkannt ist. Sogar ausländische Dienste, so kolportiert die Deutsche Presseagentur, schätzen seine Kompetenz und ließen sich von ihm gerne beraten. Doch nicht nur fachlich, auch persönlich sei Boeden ein Mann von hoher Qualität, ein ausgesprochener „Anti–Beamtentyp“, der nicht auf Weisungen von oben wartet, sondern die Dinge in eigener Initiative anpackt. Kein Wunder also, daß Innenminister Zimmermann sich persönlich für die Ernennung des im Februar eigentlich in Pension gegangenen, ehemaligen Vize–Präsidenten des Bundeskriminalamtes stark gemacht hat? Ja und nein. In Bonn war Boeden zwar im Vorfeld der Entscheidung als Mann der engeren Wahl aufgetaucht, seine schnelle Ernennung war aber trotzdem eine Überraschung. Denn eigentlich hat Boeden das falsche Parteibuch. Mit Holger Pfahls, seinem ins Verteidigungsministerium gewechselten Vorgänger, hatte die CSU die Schnüffelagentur fest im Griff. Daß der Nachfolger wiederum ein CSUler sein würde, schien im Vorfeld ausgemachte Sache. Das Zimmermann dann doch einem CDU–Mann den Vorzug gab, muß folglich schwerwiegende Gründe haben. Boeden ist sozusagen eine strategische Besetzung des Postens. Seit mindestens zwei Jahren streitet sich Zimmermann mit seinen Koalitionspartnern und der Opposition um die Verabschiedung eines Paketes neuer „Sicherheitsgesetze“. Kernstück des ganzen Vorhabens ist ein Zusammenarbeitsgesetz zwischen Geheimdiensten und Polizei, mit dem die grundgesetzlich verankerte Trennung von Polizei und Geheimdiensten unterlaufen würde. Mit Boeden hat Zimmermann sich nun den Mann geholt, der aufgrund seiner Biographie wie kein anderer dazu prädestiniert ist, den Schulterschluß zwischen BKA und Verfassungsschutz herzustellen. Boeden war 42 Jahre lang Polizist und hat sich, wie allenthalben lobend erwähnt wird, von der Pike auf hochgearbeitet. Dabei hatte er im Laufe seiner Karriere im BKA sämtliche Schlüsselstellen inne, die für den Verfassungsschutz relevant sind. 1972 leitete er die Öffentlichkeitsfahndung im Terroristenbereich. 1974 übernahm er die Sicherungsgruppe Bonn, zuständig für den Personenschutz. Ein Jahr später machte er sich an den Aufbau der Abteilung TE (Terrorismus) und wurde deren erster Abteilungsleiter. In dieser Funktion leitete er die Fahndung im „Deutschen Herbst“ und koordinierte den Einsatz der GSG 9 in Mogadischu. Aufgrund seines „hervorragenden Einsatzes“ beförderte man ihn dann zum Ersten Direktor beim BKA, verantwortlich für die Abteilungen Staatsschutz, Sicherungsgruppe und interne Verwaltung. 1983 folgte dann seine Ernennung zum BKA–Vizepräsidenten. Angesichts dieser Qualitäten verhinderte Zimmermann bereits zweimal Boedens Abgang in den Ruhestand. Es spricht für die einmalige Eignung Boedens im Sinne Zimmermanns, daß dieser ihn nun noch einmal aus der bereits angetretenen Pension zurückholt. Aber was ist schon eine Pension gegen die Fusion von Verfassungsschutz und BKA ?
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