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Hundertfache Plutoniumkonzentration

■ Bei Transurane, dem Hersteller der Uranprobe, kann man sich den höheren Plutoniumgehalt der NUKEM–Probe nicht erklären / Transurane–Kunden sind über den Plutoniumgehalt normalerweise informiert

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Das Institut der Europäischen Gemeinschaft Transurane hat versichert, daß die Proben, die über das Kernforschungszentrum Karlsruhe an die Hanauer Nuklearfabrik NUKEM geliefert wurden, zwar in plutoniumkontaminierten Anlagen hergestellt und von daher auch leicht kontaminiert gewesen sei. Mit mehr als 2 Milligramm Plutoniumgehalt hätte aber nie eine Uranprobe das Haus verlassen. Weder an die Karlsruher Kernforschungsanlage noch an französische oder holländische Nuklearbetriebe. Bei der Uranprobe in Hanau waren 200 Milligramm festgestellt worden. Im Karlsruher Institut Transurane werden bereits seit 1964 Uran– und Plutoniumproben in kleinen Mengen zur weiteren Verarbeitung in kommerziellen Nuklearbetrieben hergestellt, „unsere Kunden aber“, so ein Sprecher des Instituts, „wissen, daß alle unsere Produkte leicht plutoniumkontaminiert sind“. Die fraglichen Proben, vier insgesamt, wurden im Dezember 1970 von dem Institut im Auftrag des Kernforschungszentrums hergestellt - es handelte sich um angereichertes, plutoniumhaltiges Uranoxyd - , den „Vorschriften entsprechend verpackt und mit entsprechendem Begleitschein in Transportbehältern verpackt an die Versuchsanlage SNEAK des Karlsruher Kernforschungszentrums geliefert. Der Transport soll vorschriftsgemäß der Luxemburger Atomkontrollbehörde gemeldet worden sein. Kenntnis, was mit dem plutoniumhaltigen Material danach passiert ist, hat man in dem Transurane–Institut nicht. Im Karlsruher Kernforschungszentrum wiederum gibt man zwar zu, mit den Uranproben im Rahmen eines Forschungsprogramms zur Entwicklung des „Schnellen Brutreaktors“ experimentiert zu haben. Die schützende Stahlummantelung der Proben aber, so ein Sprecher des Kernforschungszentrums, sei bei den Experimenten zum „elektronenphysikalischen Verhalten des Materials“ nicht entfernt worden. Am Kernforschungszentrum Karlsruhe ist man „noch immer am wühlen“, wohin Ende 1985 eventuelle weitere Uranlieferungen, neben denen nach Hanau, aus den Lagerbeständen der aufgelösten SNEAK–Anlage gegangen sein könnten. Ob noch weitere solcher Uranproben plutoniumverseucht sind, ist bisher jedenfalls nicht sicher. Mit NUKEM soll vorsorglich vereinbart worden sein, daß alles dort angelieferte Material von dem Brennelementehersteller selbst bei Eingang kontrolliert wird. Auch ob eventuell noch von anderen Lieferanten plutoniumhaltiges Uran bezogen wurde, vermag man im Kernforschungszentrum nicht zu sagen.

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