: Hessens ALKEM– Klage ist dünn
■ Land beantragt beim Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage gegen Plutoniumverarbeitung
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - „Auf See und vor Gericht sind wir alle in Gottes Hand“, meinte Hessens Regierungssprecher Edgar Thielemann gestern. In der Tat: Die Klage des Landes beim Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Auseinandersetzung um die Hanauer Plutoniumfabrik ALKEM läßt auf einiges Gottvertrauen der SPD–Landesregierung schließen. Von einer Klage gegen die Weisung von Bundesumweltminister Wallmann (CDU), der ALKEM eine Plutonium–Umgangsmenge von 2,5 Tonnen zu genehmigen, war nämlich auf der Pressekonferenz der Staatskanzlei nicht mehr die Rede. Die hessiche Landesregierung beabsichtigt jetzt vor dem BVG in Karlsruhe in einem Normenkontrollverfahren feststellen zu lassen, „daß die Be– und Verarbeitung von Plutonium wegen der damit verbundenen Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung nicht vertretbar ist und die entsprechenden Paragraphen des Atomgesetzes mit dem Grundgesetzt unvereinbar sind.“ Der Antrag, so Thielemann, sehe vor, daß der Umgang mit Plutonium nur für Zwecke von Wissenschaft und Forschung und für die schadlose Beseitigung des bereits vorhandenen „oder aufgrund von Verträgen zurückzunehmenden“ Plutoniums zulässig sein soll: „Die Verwendung von Plutonium zur Energieversorgung und die Errichtung eines Plutonium–Kreislaufs (Plutoniumstaat) soll durch die Klage des Landes Hessen verhindert werden, da die damit verbundenen Risiken der Öffentlichkeit nicht zuzumuten sind.“ Daß die hessische Landesregierung selbst beabsichtigt - via Steger–Genehmigung - der ALKEM die Produktion plutoniumhaltiger MOX– Brennelemente für Leichtwasserreaktoren noch zehn Jahre lang zu gestatten, hielt der Thielemann nicht für einen Widerspruch. Für eine „gewisse Zeit von Übergangsjahren“ habe die ALKEM nämlich noch eine „Lebensnotwendigkeit als Plutoniumvernichtungsfirma“. Zur Zeit lagern bei der ALKEM mehrere Tonnen Plutonium, die „beseitigt“ werden müßten. Fortsetzung auf Seite 2 Gastkommentar von Rupert von Plottnitz auf Seite 4 „Man kann dieses Plutonium nur beseitigen, wenn man es denaturiert oder wenn man MOX–Brennelemente daraus macht.“ Die Genehmigungsankündigung von Steger, so Thielemann nachdrücklich, werden von der angestrebten Normenkontrollklage nicht tangiert. Entsprechend forderten die Grünen im hessischen Landtag die „umfassende Ablehnung“ der Plutoniumwirtschaft durch die Landesregierung. Nach Auffassung der Grünen erfordere eine erfolgreiche Klage in Karlsruhe eine „eindeutig ablehnende Haltung“ der Landesregierung in Sachen Betriebsgenehmigung. Dagegen stehe allerdings die politische Absicht der SPD–Minderheitsregierung, der Plutoniumfabrik AL KEM eine befristete Teilgenehmigung zu erteilen, mit der die gegenwärtige Plutoniumverarbeitung bei der ALKEM nachträglich legalisiert würde. Für die Hanauer Bürgerinitiative Umweltschutz erklärte deren Sprecher Elmar Diez, daß mit dieser Normenkontrollklage der Landesregierung die Niederlage in Karlsruhe vorprogrammiert sei. Diez: „Wer selbst noch zehn Jahre lang plutoniumhaltige Brennelemente für Leichtwasserreaktoren herstellen lassen will, und dann in Karlsruhe gegen die Verwendung von Plutonium zu Zwecken der Energieversorgung klagen will, der macht sich doch nur lächerlich.“
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