: Pfälzische CDU bangt um Führung
■ Bauernunmut und Einbußen bei der Bundestagswahl bringen rheinland–pfälzische CDU ins Schwitzen / Kandidatur der „Freien Wählervereinigungen“ konnte nicht verhindert werden
Aus Mainz Felix Kurz
Der rheinland–pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel hat die CDU–Mitglieder aufgerufen, dafür zu kämpfen, daß nach der Landtagswahl am 17. Mai in Rheinland–Pfalz nicht „hessische oder Hamburger Verhältnisse“ herrschen. Auf dem Landesparteitag seiner Partei warnte Vogel die rund 450 Delegierten vor voreiliger Siegeszuversicht. Anders als viele CDU–Parteigänger sieht der Ministerpräsident die Gefahr, daß den Christdemokraten nach über 40jähriger Herrschaft die Regierungsgewalt verlorengehen könnte. Bei der Bundestagswahl hatte die Partei nur noch 45,8 Prozent der Zweitstimmen bekommen, nachdem sie noch mit 51,9 Prozent in den letzten Landtag gewählt worden war. Ein solches Ergebnis hatten selbst Pessimisten in der Partei nicht erwartet. Wie stark der Unwille unter den Stammwählern der CDU zugenommen hat, machen Wahlboykottaufrufe in zahlreichen Moselgemeinden und selbst ein Boykottaufruf zur Volkszählung durch den Bauern– und Winzerverband Nahe und Glan deutlich. Pünktlich zum Landesparteitag erreichte mal wieder ein Protestmarsch von Pfälzer Bauern, die seit einer Woche durch das Land gezogen waren, die Landeshauptstadt Mainz. Die Bauern machen die Bundes– und Landesregierung für ihre existenzgefährdende Situation verantwortlich, und die Winzer beklagen sich, daß die Landesregierung den durch die Glykolaffäre aufgetretenen Schaden nicht begrenzen konnte. Erstmals kandidieren bei der Landtagswahl die „Freien Wählervereinigungen( FWV)“, die bislang nur kommunalpolitisch in Erscheinung getreten, dort allerdings stärker als Grüne und FDP sind. Zahlreiche Gespräche zwischen führenden Repräsentanten der FWV und Bernhard Vogel in der Staatskanzlei konnten die lästige Konkurrenz diesmal nicht bremsen. Kassieren werden die FWV neben CDU–Anteilen vor allem Wählerstimmen aus dem Spektrum der FDP, der dadurch möglicherweise der Wiedereinzug in das Landesparlament verbaut werden könnte. Dann allerdings könnte passieren, was der Pfälzer Heiner Geißler so beschrieb: das Land dürfe nicht in die Hände der „Lügendreher und Phrasenorgler“ fallen. Gemeint war damit das „sozialdemokratisch–grüne Chaos“, daß auch Bundeskanzler Helmut Kohl in Mainz in flammenden Worten an die Wand malte.
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