Entwicklungshilfe für Klöckner in Bolivien

■ Die BRD will Gelder für den Andenstaat verdoppeln / 30 Mio. Mark Finanzhilfe für Karachipampa / Eine von Klöckner gelieferte unrentable Mammuthütte im Gespräch / Modernisierung des Bergbaus hat Tausende von Arbeitsplätzen gekostet und das Land tief verschuldet

La Paz (dpa/taz) - Die Bundesrepublik wird ihre Entwicklungshilfe für Bolivien im laufenden Jahr gegenüber 1986 nahezu verdoppeln. Wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker am Montag in einer Ansprache vor dem bolivianischen Kongreß mitteilte, wird die bereits im vergangenen Jahr auf 50 Millionen Mark gesteigerte Hilfe nunmehr auf 91 Millionen Mark erhöht. 21 Millionen bräuchten nicht zurückgezahlt werden. Die Bundesregierung werde darüber hinaus die diesjährige Finanzhilfe zu erheblich günstigeren Bedingungen als bisher zur Verfügung stellen. In den für Sommer geplanten Regierungsverhandlungen sollen diese Zusagen nach den Worten Weizsäckers in konkrete Entwicklungsprojekte umgesetzt werden. Man werde prüfen, ob von der Finanzhilfe von 70 Millionen Mark - der Rest ist Technische Hilfe - 30 Millionen Mark für die Blei–Silber–Zink–Hütte Karachipampa bei Potosi bereitgestellt werden könnten. Die Bundesregierung wolle damit zur Modernisierung des bolivianischen Bergbaus und zur Linderung der menschlichen Not beitragen. Karachipampa ist ein Mammutprojekt, das vom bundesdeutschen Klöckner–Konzern hergestellt wurde. Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), das das Werk im Rahmen seiner Entwicklungshilfe finanzierte, war bei Baubeginn 1981 bekannt, daß die Hütte, die für die Verarbeitung von 51.000 Tonnen Erzkonzentrat angelegt war, nicht rentabel würde wirtschaften können. In Bolivien werden zur Zeit jährlich nur 22.000 Tonnen Blei–Silber–Erze gefördert, die in Karachipampa verhüttet werden könnten. Doch die Herstellerfirma Klöckner ist vor allem daran interessiert, ein in der Sowjetunion entwickeltes Verhüttungsverfahren zu prüfen, für das sie die Patente für die westliche Welt gekauft hat. Abgesehen von einigen Probeläufen war die Hütte nach ihrer Fertigstellung praktisch kaum in Betrieb. Bolivien hat sie 327 Millionen Mark Schulden eingebracht - das sind immerhin etwa fünf Prozent der öffentlichen Auslandsverschuldung des Landes. In Bolivien sind aufgrund der Schließung unrentabler Zinnminen und der Neustrukturierung und Teilprivatisierung der staatlichen Bergbaugesellschaft COMIBOL etwa 19.000 von 28.000 Bergarbeiterfamilien im Verlauf des letzten Jahres arbeitslos geworden. Viele von ihnen sind von ihren Siedlungen im Hochland in die Elendsviertel der Städte abgewandert. Und Tausende von Familien wandern seit Monaten auf der Suche nach Arbeit oder Land durch die tiefer gelegenen Ebenen im Osten des Landes. thos