I N T E R V I E W „Ein grüner Vize–Ministerpräsident wäre für mich kein Problem“

■ Finanzminister Hans Krollmann zur rot–grünen Zukunft, zu ALKEM, zum Frankfurter Flughafen und zur eventuellen Regierungsbildung nach der Hessenwahl

taz: Herr Minister Krollmann. Sie haben auf dem Landesparteitag Ihrer Partei in Sprendlingen erklärt, daß Sie - nach dem 5. April - das Gespräch mit allen demokratischen Parteien führen wollen. Sie schließen demnach eine große Koalition mit der CDU oder eine Koalition mit der FDP nicht aus? Krollmann: Mit allen Parteien sprechen zu wollen heißt auch, daß es eine Rangfolge geben muß. Wir werden zunächst das Gespräch mit den Grünen führen, u.a. auch deshalb, weil sich CDU und FDP ja zusammengetan haben, um diese Regierung zu kippen. Wir werden mit den Grünen über ein gemeinsames Programm reden, ohne Formelkompromisse und auch ohne Sprüche, die man hinterher nicht einhalten kann. Es gibt allerdings Genzen, die deutlich markiert sind. Erpreßbarkeit ist nicht gegeben, das sage ich schon jetzt. Das Land Hessen wird auch dann regiert werden, wenn es nicht zu einer Vereinbarung mit den Grünen kommt. Sie werden sich dann Ihre Mehrheiten woanders suchen? Aber sicher! Auf dem Parteitag in Sprendlingen haben Sie sich noch voll hinter die Entscheidung Ihres Kollegen Steger gestellt, der der ALKEM eine auf zehn Jahre befristete Genehmigung zum MOX–Brennelementebau erteilen will ... Mit Rest–Plutonium kann nur auf zweierlei Weise umgegangen werden. Entweder man setzt es ein, in sogenannte MOX–Brennelemente für Leichtwasserreaktoren. Und gelagert werden muß das dann alles. Das ist dann die Alternative: Entsorgung der vorhandenen Reaktoren durch Endlagerung. Der andere, plausiblere Weg für den Ausstieg ist allerdings die Denaturierung des Plutoniums, also die Verdünnung - und zwar so weit, daß es keine Kettenreaktion in einer wie auch immer gearteten Konfiguration gegen kann. Das könnte direkt bei der ALKEM oder einer verwandten chemischen Fabrik geschehen. Daß das dann noch zehn Jahre dauert, das glaube ich nicht. Insofern ist die Genehmigungsvor ankündigung von Steger Geschichte. Ihr Kontrahent Walter Wallmann hat ja erhebliche Probleme mit der Aufstellung eines Regierungsteams. Sie können da auf bewährte Kräfte zurückgreifen. Wird denn ein Ulrich Steger noch Wirtschaftsminister in einem möglichen Kabinett Krollmann sein? Ich kann da nur Fischer zitieren: „Warum nicht?“ Auf Ihren Veranstaltungen sagen Sie immer, daß die Grünen eine ganz normale Partei seien. Wird es in Hessen denn jetzt auch eine ganz normale Koalition geben? Ich sage immer: stinknormale Partei. Entweder gibt es jetzt eine Koalition, von der wir alle - die SPD und die Grünen - überzeugt sind, daß sie vier Jahre hält, oder es wird diese Koalition nicht geben. Denn alles andere können wir uns nicht mehr leisten. Wir können uns auch nicht mehr - ohne Schaden zu nehmen - irgendwelche Spektakel leisten. Wir müssen auch den Einfluß unseres Handelns auf die anderen Landtagswahlen bedenken. In den hessischen SPD/FDP–Koalitionen der Vergangenheit hatte die FDP ja immer zwei gewichtige Ressorts besetzt, wie Wirtschaft oder Innenministerium. Würde es Ihr Begriff von der „normalen Koalition“ zulassen, daß auch diese beiden Ressorts von Grünen besetzt werden. Würden Sie einen grünen Wirtschaftsminister akzeptieren? Ich hielte das nicht für klug. Aber das war ja wohl auch keine ernsthafte Frage... Doch! Dann sage ich ganz klar nein, denn das wäre eher kontraproduktiv. Muß ich das begründen? Ja bitte! Mir ist klar, daß jetzt der FDP–Besitzstand eingeklagt wird. Das macht mir keine schlaflosen Nächte. Daß das alles eine Frage von Personen ist, das ist doch ein offenes Geheimnis. Allerdings werde ich den Grünen nie sagen: diese oder jene Person müßt ihr präsentieren, damit dieses oder jenes machbar wird. Es geht allerdings um die Darstellung der hessischen Regierung gegenüber den zukünftigen hessischen Wählern. Ich hoffe, ich habe mich jetzt deutlich genug ausgedrückt. Kann denn ein Grüner - unter Krollmann - stellvertretender Ministerpräsident werden? Warum nicht? Ich kenne keine Koalition, in der nicht der Juniorpartner diese Stellung innegehabt hätte. Damit habe ich keine Probleme. Herr Minister, Sie haben in der vergangenen Woche in einem Interview erklärt, daß diejenigen, die den Frankfurter Flughafen in Zusammenhang mit Militarisierung bringen, spinnen würden. Halten Sie diese Wertung nach den jetzt vorliegenden Veröffentlichungen - Bomberstaffeln auf Rhein–Main - immer noch aufrecht? Uneingeschränkt! Sie sind Vorsitzender des Aufsichtsrates der FAG. Wußten Sie nichts von der Überlassung von 27.000 Quadratmetern Gelände an die US–Army am Frankfurter Flughafen? Da werden doch wohl keine PX– Läden gebaut werden? Ich weiß nur, daß wir die Air–Base verlagern wollen, weil wir - die FAG - selbst Platz brauchen. Dabei geht es aber um Hallen der Air–Base, die süd–östlich des Flughafens liegen und nicht an der Startbahn West. Wir wollen dort das Terminal Ost bauen. Wenn damals gleich richtig gehandelt worden wäre, hätten wir jetzt eine zusätzliche Parallelbahn - und die Amerikaner wären zwischen beiden Bahnen integriert worden. Sie schließen also aus, daß der Army eine große Fläche westlich der Startbahn überlassen worden sein könnte? Ja. Das einzige Geschäft, das wir mit den Amerikanern gemacht haben, ist das mit den Hallen direkt auf dem Flughafen. Dadurch wird die Air Base sogar noch ein Stück kleiner. Das ist die Wahrheit. Alles andere ist gelogen. Westlich der Startbahn ist alles Freifläche für die Parallelbahnen; lediglich wir selbst planen dort noch Versorgungseinrichtungen. Herr Minister, ich danke für das Gespräch.