: Zugang zu Sammellagern behindert
■ Niedersachsen fürchtet unkontrollierte Besuche von Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber / Hoher Flüchtlingskommissar meldet sich schon aus Höflichkeit vorher an
Aus Hannover Jürgen Voges
Ungenehme Parlamentsanfragen und Veröffentlichungen über Sammellager für Flüchtlinge versucht das Land Niedersachsen jetzt schon auf dem Verwaltungswege zu verhindern. Seit Ende November letzten Jahres gilt im Bereich der Bezirksregierung Braunschweig ein Erlaß, wonach Parlamentarier oder Vetreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen die Sammellager nur noch in Begleitung eines Behörden–Vertreters besuchen dürfen. In dem Erlaß verlangt die Bezirksregierung von den Leitern der Sammellager, „daß jeder offizielle Besuch der Gemeinschaftsunterkünfte durch Vertreter des Hohen Kommissars, von politischen Parteien oder anderen Organisationen rechtzeitig gemeldet wird“. Das Diakonische Werk in Wolfsburg, das dort Träger eines Sammellagers ist, war durch diese Anweisung so „sehr überrascht“, daß es sich auf dem Dienstweg nach deren Sinn erkundigte. „Das Land“, so hieß es in der Antwort, „ist aufgrund konkreter Anlässe (Presseveröffentlichungen, Landtagsanfragen) nicht mehr bereit, in den von ihm veranlaßten und bezahlten Gemeinschaftsunterkünften offizielle Besuche zu akzeptieren, wenn es bei diesen Besuchen nicht selbst anwesend sein kann“. Diese Regelung sei in Zukunft zu beachten. Der Grüne Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann hat den Erlaß als „skandalöse Verwehrung des freien Zutritts“ kritisiert. Mit dieser Verfügung werde die Kontrollpflicht von Abgeordneten in unerträglicher Weise eingeschränkt. „Derartige Besuchsverbote“, so sagte Kempmann, „sind sonst nur aus Ländern bekannt, in denen diktatorische Regimes an der Macht sind.“ Wesentlich zurückhaltender äußerte sich allerdings die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars (UNHCR) in Bonn. Die fünf Vertreter des Flüchtlingskommissariats hätten wenig Gelegenheit, Sammellager zu besuchen. Wenn dies geschehe, dann melde man sich vorher an. Dies gebiete schon die Höflichkeit.
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