Fehrenbach sieht Gemeinsames mit FDGB

■ FDGB–Kongreß in Ost–Berlin im alten Stil / Magere Renten– und Urlaubserhöhung als sozialpolitische Meisterleistung

Berlin (taz)– Daß er auf dem 11. Kongreß des „Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes“ sprechen könne, bedeute ein Stück Normalisierung zwischen den beiden deutschen Staaten. Das erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Gustav Fehrenbach, am Mittwoch abend nach seinem Auftritt in Ost–Berlin. „Unsere Gewerkschaftsarbeit vollzieht sich auf der Grundlage nicht nur zweier deutscher Staaten, sondern auch unterschiedlicher Gesellschaftssysteme“, erklärte Fehrenbach, doch mochte er nicht darauf verzichten auszudrücken, daß Gewerkschaften überall „von ihrer Aufgabenstellung her immer ein Stück unbequem sein müssen“. Stürmischen Beifall der Delegierten erntete der westdeutsche Gewerkschafter aber erst, als er für die Abschaffung der Mittelstreckenwaffen in Europa, die Beseitigung der Kurzstreckenwaffen, gegen neue Weltraumwaffen und das Verbot von C–Waffen eintrat. In seinem Grundsatzreferat hatte der Vorsitzende des FDGB, Harry Tisch, noch einmal die Funktion der DDR–Gewerkschaften als Transmissionsriemen der Regierung und Parteipolitik hervorgehoben. „Unser gewerkschaftlicher Kampf ist prinzipiell konstruktiv“, rief er den Delegierten zu. Und die Leistungsbilanz der DDR könne sich sehen lassen: Erstmals sei das erwirtschaftete Nationaleinkommen im letzten Jahr höher als eine Billion Mark. Die Steigerung sei vor allem durch die Erhöhung der Arbeitsproduktivität erreicht worden. Unter Hinweis auf die Vollbeschäftigung und die „Geborgenheit für alle Werktätigen“ im Sozialismus, und dem kapitalistischen System im Vergleich dazu, wo die „Menschenrechte mit Füssen getreten werden“, rief er unter großem Beifall der Versammlung zu, daß die „DDR keinen Nachholbedarf bei der Verwirklichung der Menschenrechte“ habe. Konkret kündigte der Gewerkschaftsboss der DDR eine Rentenerhöhung von 30 bis 100 Mark und die Verlängerung des Urlaubs für Frauen über 55 und Männer ab 60 Jahren für 1988 an. Schrittweise soll die Arbeitszeit von jetzt 43,5 Arbeitsstunden auf 40 Stunden herabgesetzt werden. er