: Tor - Il Papa im Stadion
■ An unseren Heiligen Sportfreund auf dem grünen Rasen
Grüß Gott, sportlicher Vater! Hast Dir ja ein richtiges Fitneß–Programm zusammenstellen lassen. Wo immer möglich, treibt Dich Deine Deutschland–Tournee in die Sportstadien des Landes. Start und Landung im Essener Grugastadion, weiter ins Sportgelände Speyer, ins Stadion Augsburg und touch down am Kölner Eisstadion (wo der Kollege Polen–Flüchtling Sikora spielt), denn Messen in drei Bundesligastadien, wo die Liga–Kicks extra verlegt worden sind. Aber das Leibesüblerische paßt ja zu Dir als Fußballfreund, als aktiver Skifahrer und Boris Graf/Steffi Becker - Audienzator. Köln–Müngersdorf zum Beispiel. Ich hab mal vorbeigeschaut. Wie da die deutschen Handwerks–Christen zu Hunderten am weißeln und meißeln, am hämmern und leitungslegen sind, ist schon toll. Fürs Akustische sorgt die Nürnberger Firma „Concert–Staging“ mit ihren sonst poppigen, jetzt popigen Watt–Türmen. Richtig zünftig ist es, daß Du dich in den Originalkabinen der leibhaftigen Fußballer umkleiden darfst - allerdings nicht in der des 1. FC Köln (wo es jetzt noch nach Toni Schumachers erstem Anpfiff–Abpfiff dünstet), wie grob fahrlässig die stolze Heimatpresse gemeldet hatte, sondern Du gehst in den Raum der „Gastmannschaft“. Ist beige und orange gehalten, frischgepinselt alles, Duschen und Tauchbecken sind sauber, ein Kühlschrank steht da, ein Fön und Desinfektionsapparaturen zur Hygiene nach dem Küssen des Rasens. Für alles ist gesorgt. Nur die Aborte haben noch das Ambiente benutzter Lokalitäten, aber bis morgen, wurde mir versichert, sei das tutto paletti. Sicherheit ist garantiert. Überall im Stadion flanieren in dieser Woche beige–grüne und schwarz–tallierte Grüppchen herum. Bei der Einsatzbesprechung verkündete der Polizeichef, man werde diverse „Funkverkehrskreise auf dem Liturgiekanal“ nutzen. Was immer das heißt, alle waren einverstanden: die deutschen Uniformler, die zivilen Späher, der Stadionwachdienst, die Sicherheitsjungs von der Kirche und Deine von der Schweizergarde. Sei froh, daß Du die dabei hast mir ihrem Treueschwur, „das Leben hinzugeben, wenn es erheischt sein sollte.“ In Köln wie auch am Samstag im Gelsenkirchener Parkstadion steht Dir die Sonne während der Messe frontal im Gesicht. Muß sein wegen der Medienshow, claro, wegen besserer Fotos und Fernsehbilder. Zuviel Blinzeln kommt aber nicht gut rüber, das sieht dann aus wie fremde Schlitzäugigkeit statt wie kurielle Schlitzohrigkeit. Am besten nimmste ne Sonnenbrille mit, solche papaoculos. Im Parkstadion, bei Schalke 04, gehts noch gediegener zu, keine Spanplatten wie in Köln, sondern richtige Bretter auf dem Rasen. Das Bistum Essen von Schalke–Fan Bischof Hengsbach ist nicht so geizig mit den Millionen Mark. In Gelsenkirchen darfste Dich im „Palisanderraum“ umziehen (Aufgang „Ehrengäste“, nicht „Sportler“, Vorsicht!). „Partisanenraum sagen wir immer dazu“, meinte der gottlose Platzwart. Hab dem frechen Kerl vom Fegefeuer erzählt! Alles ist perfekt geplant, nur eines nicht. In Gelsenkirchen kuckst Du genau auf den riesigen Werbeslogan einer Sportfirma, die da lästerlich verkündet: „Das Paradies ist gleich nebenan.“ Ist das nicht eine blasphemische Ungeheuerlichkeit? Aber Du weißt ja besser, wo es langgeht nach Eden. Vielleicht verrätst Du es uns, wenn du heute zur Heiligen Supershow einfliegst. Die Katholiken sind hier schon ganz heiß auf dich und werden Dir zuhecheln: „Endlich habemus papam wieder in Deutschland!“ Seliges Beten wünscht Dir, Du heiliger himmlischer Sportfreund Dein irdischer Sportfreund Bernd Müllender
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