Schweigespirale

■ Schatzmeister wollen illegale Spendenvereine decken

Kein Tag ohne neue Beschlagnahmungen, Bußgeldandrohungen oder Ordnungsverfügungen. Politikerbrüste plustern sich auf, Polizei und Justiz sind unentwegt im Einsatz, es geht um Großes: Volkszählungsboykotteure bedrohen den Rechtsstaat - und da gehören die Demokraten an die Front. Was für Pharisäer! Ginge es um die Verteidigung von Recht und Gesetz, seit Montag müßte ein Aufschrei der Demokraten durch die Republik gehen. Stattdessen Totenstille. Dabei hat der Parteispendenuntersuchungsausschuß in Düsseldorf die bedeutendste Verschwörung zur Vertuschung von Straftaten seit Bestehen der Republik ans Licht gefördert. Seit Montag ist eine „Übereinkunft“ belegt und bestätigt, wonach die Schatzmeister der etablierten Parteien „von Anfang an“ bei ihren jeweiligen Parteifreunden in den Finanzministerien intervenierten, um die Aufdeckung der illegalen Spendenwaschanstalten zu vereiteln. Damit hatten sie jahrzehntelang Erfolg. Betriebsprüfungen wurden abgeblasen, Hausdurchsuchungen hinausgezögert. Der Rechtsstaat hatte Ferien. Dem Fiskus gingen mehrere hundert Millionen DM Steuern verloren. Anstiftung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Strafvereitelung im Amt, die Latte der Rechtsbrüche ist endlos. Alles liegt offen. Doch was passiert? Die Süddeutsche Zeitung spricht von der in Düsseldorf gezündeten „Bombe“, aber sonst? Nichts! Die „Creme“ der politischen und ökonomischen Elite ist involviert, und schon bleiben die Medien stumm. Rundfunk und Fernsehen geben sich besonders diskret. Frau Noelle–Neumann hat recht. Die Schweigespirale funktioniert, nur anders, als sie es uns weismachen wollte. Jakob Sonnenschein